Denunziaten-Hotline in Deutschland eingerichtet
http://www.jungewelt.de/2010/12-08/042.php
08.12.2010 / Abgeschrieben / Seite 8
»Verdächtige Wahrnehmungen«
Erklärung der Fraktion Die Linke in der Bremischen Bürgerschaft zur
Einrichtung einer Denunziantenhotline:
Das Bremer Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) hat angesichts der
anhaltenden Terrorwarnungen ein Bürgertelefon für »vertrauliche Hinweise«
über »verdächtige Wahrnehmungen« eingerichtet. Rolf Gössner, parteiloser
Vertreter der Linksfraktion in der Innendeputation, hält dies für
problematisch. »Es mag ja sinnvoll sein, in Zeiten erhöhter Terrorgefahr
besonders aufmerksam zu sein und die Bevölkerung entsprechend zu
sensibilisieren. Ob aber die mißbrauchsanfällige Einladung eines
Geheimdienstes zum vereinfachten und anonymen Verdächtigen der richtige Weg
sein kann, ist zu bezweifeln.« Gössner reagiert damit auf die Ankündigung
des Innensenators und des LfV, daß über das Bürgertelefon auch anonyme
Hinweise gegeben werden könnten und daß kein Hinweisgeber Sorge haben müsse,
sich durch seine vertraulichen Informationen selbst zu belasten. Der
Verfassungsschutz unterliege schließlich nicht wie Polizei und
Staatsanwaltschaft dem Strafverfolgungszwang, heißt es in der Mitteilung des
Innensenators.
Gössner kommentiert: »Es handelt sich bei der Einrichtung eines
Vertraulichen Telefons< des Bremer Verfassungsschutzes um ein
niedrigschwelliges Angebot, über ‚verdächtige Wahrnehmungen‘ zu berichten
und dabei Mitmenschen vollkommen anonym und risikolos zu denunzieren. Es ist
nicht schwer zu erraten, daß vor allem Migranten, insbesondere Muslime,
davon betroffen sein werden. Unschuldige Bürgerinnen und Bürger können so
unter schweren Terrorverdacht geraten – mit der fatalen Folge, daß gegen sie
geheimdienstliche Nachforschungen eingeleitet werden, mit allen Schikanen,
die sich daraus ergeben können.«
Mit verdeckten Mitteln könne tief in Grundrechte der verdächtigten
Betroffenen eingegriffen werden, gewonnene -auch intime – Personendaten
könnten dann in Geheimdienstdateien erfaßt und längerfristig gespeichert
werden, ohne daß die Betroffenen selbst es bemerken. Deshalb könnten sie
sich auch kaum wirksam rechtlich zur Wehr setzen. Rolf Gössner gibt darüber
hinaus zu bedenken, daß im Falle von Beobachtungen strafrechtlich relevanten
Verhaltens nicht der Verfassungsschutz, sondern die Polizei zuständig ist.