Neue Spur führt zu mehreren Tätern – Oktoberfest 1980
https://www.jungewelt.de/2015/02-05/028.php
05.02.2015, Seite 14 / Feuilleton
Nachschlag: Elefantentrampelspur – Report München Di, 21.45 Uhr, ARD
Die Politikmagazine »Report München« und »Kontrovers« haben zusammen mit der Wochenzeitung Zeit Einblick in bislang geheime Akten zum Oktoberfestattentat von 1980 erhalten. Darin gebe es erstaunliche Aussagen: Demnach ist mehreren Zeugen ein junger Mann aufgefallen, der spätere Attentäter, der sich mit anderen Personen stritt, etwas Weißes in der Hand. Die Polizei hat sich aber für diese anderen offenbar nie interessiert. Eine weitere Merkwürdigkeit: Die Bombe vom 30. September 1980 bestand aus einer umgebauten Granate, dazu kam über ein Kilogramm militärischer Sprengstoff. Woher sollte den der angebliche Einzeltäter Gundolf Köhler haben? Die Journalisten finden einen Jugendfreund Köhlers aus Donaueschingen, der seinerzeit angab, mit ihm in der Schweiz in einem »Waffengeschäft« gewesen zu sein, wo Köhler nach einem »Zünder« gefragt habe. Jetzt sagt er, er habe nie Sprengstoff in Köhlers Haus bemerkt. Usw. Eine Elefantentrampelspur, die den Ermittlern nie auffiel. (asc)
https://www.jungewelt.de/2015/02-05/050.php
05.02.2015 / Inland / Seite 1
Neue Spur führt zu mehreren Tätern
Oktoberfestanschlag 1980: Zeugin berichtet von anonymem Patienten mit zerfetztem Unterarm
Mehr als drei Jahrzehnte nach dem Attentat auf das Münchner Oktoberfest verdichten sich die Hinweise darauf, dass mehrere Täter beteiligt waren. 13 Menschen starben, über 200 wurden verletzt, davon viele schwer, als am 26. September 1980 eine Bombe im Eingangsbereich des Volksfestes explodierte. Lange Zeit wurde von offizieller Seite behauptet, es sei erwiesen, dass dafür lediglich der bei dem Anschlag selbst getötete militante Neonazi Gundolf Köhler verantwortlich gewesen sei.
Immer mehr Indizien sprechen jedoch dafür, dass es Mittäter gab. Mitte Dezember letzten Jahres leitete Generalbundesanwalt Harald Range neue Ermittlungen zum schwersten Terroranschlag der deutschen Nachkriegsgeschichte ein. Im September hatte bereits der Opferanwalt Werner Dietrich seinen dritten Wiederaufnahmeantrag gestellt. Darin benannte er fünf neue Zeugen, darunter auch eine Frau, die am Tag nach dem Anschlag Flugblätter mit einem Nachruf auf den Attentäter Gundolf Köhler gefunden haben will – noch bevor dessen Name öffentlich bekannt war. Range sagte im Dezember, die Aussage der Zeugin sei »werthaltig«.
Nun tauchten weitere Hinweise auf Tatbeteiligte auf. Eine ehemalige Krankenschwester des Klinikums Oststadt-Heidehaus in Hannover informierte einen Reporter des Bayerischen Rundfunks, Ulrich Chaussy, der seit 1980 in dem Fall recherchiert, über einen anonymen Patienten. In den ARD-»Tagesthemen« vom Dienstag sprach sie genauer von einem jungen Mann, der kurz nach dem Attentat mit zerfetztem Unterarm ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Er habe nicht erklärt, wie das Unglück passiert sei, so die Zeugin: »Viel später hat er lapidar gesagt, er hätte ein bisschen mit Sprengstoff gespielt, und da wäre das eben passiert.« Chaussy sagt, dass es sich um einen Mittäter des Attentats handeln könnte, denn unter den damals sichergestellten Beweisstücken befand sich eine abgerissene Hand, die nicht zweifelsfrei einem Opfer zugeordnet werden konnte. Weitere Spuren führten bereits in die Gegend rund um Hannover: Ein Neonazi, dessen Name in den Akten zum Attentat auftaucht und der sich 1981 erhängte, hatte in einem Wald bei Uelzen ein Waffen- und Sprengstoffdepot angelegt. (jW)