Schwierigkeit bei Repatriirung (offizielle Darstellung)
Ungekürzter Wortlaut des Interviews in KOL ISRAEL, Sendung für Übersee in englischer Sprache, 21. September 1967. Übersetzung nach einer Tonbandaufzeichnung im Archiv von Prof. Helmut Spehl.
Wir sprachen mit Frau Jehudith Huebner , der stellvertretenden Generaldirektorin im Israelischen Innenministerium, über die Jordan-Überquerungen und insbesondere über die Gründe, weshalb der jordanische Sachverständige nicht zu den Besprechungen erschien, die gestern hätten stattfinden sollen.
Huebner: Es ist ziemlich schwierig zu sagen, was der Grund ist, denn wir kennen den Grund nicht genau. Ich kann Ihnen nur berichten, was sich gestern zugetragen hat, als wir zur (Allenby-) Brücke kamen. Mir war einige Tage zuvor ausgerichtet worden, daß die jordanischen Behörden um eine Zusammenkunft mit uns an der Brücke nachgesucht hatten, um endgültige Abmachungen für Donnerstag früh zu treffen. Ich kam also um ha -, um viertel bis, nach – um viertel vor 5, äh, zur Brücke, und ich sah dort Major (Name unverständlich) von der Militärbehörde, der auf das gleiche Treffen wartete, und ich sah dort Mister Schlatter, den Leiter des Roten Halbmonds (die dem Roten Kreuz entspr. Organisation in islamischen Ländern; Zusatz d. Obers.) und seine fünf Assistenten. Um 5 Uhr überquerten Mister Schlatter und seine Assistenten die Brücke, und nach einer Viertelstunde kehrten sie zurück und sagten: "Es tut uns sehr leid, das Treffen ist abgesagt." Ich fragte, was passiert ist, und Mister Schlatter meinte: "Ich glaube, Major (Name unverständlich) von den jordanischen Behörden hat keine Erlaubnis erhalten, zu diesem Treffen zu kommen."
Frage: Dies ist doch nicht das erste Mal, daß die jordanischen Behörden nicht erschienen sind, und daß sie bei der Durchführung ihrer Seite der Vereinbarung versagt haben. Das ist doch Anfang der Woche schon einmal passiert.
Huebner : Ja, es ist passiert, aber nicht auf die gleiche Weise. Es ist am letzten Sonntag (15. 9. 67) passiert. Wie ich Ihnen schon sagte, trafen wir am Freitag morgen eine endgültige Abmachung für die Überquerungs-Prozedur am Sonntag morgen. Und plötzlich, am Samstag nachmittag, wurden wir über das Rote Kreuz informiert, daß die Jordanier darum gebeten haben, das Treffen am Sonntag morgen zu annullieren. Sie baten dann darum, nicht am Sonntag morgen mit der Überquerung zu beginnen, und nicht vor Donnerstag, und das war der Grund, weshalb sie um ein Treffen am Mittwoch nachmittag nachsuchten.
Frage: Diese Überquerung, die hätte stattfinden sollen, ich meine, die am Sonntag hätte beginnen sollen, war der Beginn neuer Überquerungen, nicht wahr? Welche Kategorie von Leuten war für diese Aktion vorgesehen?
Huebner: Leute, äh, die zur Überquerung der Brücke befugt waren, – das waren Leute, äh, welche, äh, von unserer Behörde, äh, die Genehmigung bekamen, wir, das heißt mehr als 6000 Personen, sie haben die Genehmigung letzten Monat erhalten, aber versäumt, bis zum 31. August zu kommen.
Frage: Das war der letzte Termin?
Huebner: Das war der letzte Termin für die Überquerung, aber danach, äh, wurde, äh, beschlossen, daß alle diese Leute, die eine Genehmigung haben und nicht bis zum dreißig-, einunddreißigsten August kamen, die können bis Sonntag morgen, oder bis heute…
Frage: Also die Leute, die auf Grund des passiven Widerstandes der jordanischen Behörden nicht in der Lage waren, die Brücke zu überqueren?
Huebner: Ja, genau so. Ich habe dies gestern Mister Schlatter unmißverständlich klargemacht, äh, es ist, es ist eine Härte, daß Flüchtlinge, die auf die Überquerung warten, weiterhin warten müssen, weil die Jordanier unfähig sind, äh, den Transport zur Brücke zu organisieren.
Frage: Sie waren von Anfang an mit diesen Flüchtlings-Überquerungen befaßt: Können Sie uns eine Vorstellung vermitteln von den Dingen, wie sie abliefen? Was ist geschehen?
Huebner: Wir haben geholfen so gut wir konnten. Wir haben sogar Leute herübergebracht, äh, die nicht genau die richtigen Genehmigungen hatten, weil manchmal, äh, Leute, alte Leute dabei waren, oder Familienangehörige, die ihren Vater oder ihre Mutter begleiteten, und wir gaben ihnen die Gelegenheit zur Überquerung der Brücke. Wir haben für die Flüchtlinge Lastwagen und Omnibusse bereitgestellt, wir haben ihnen zu Essen gegeben, wir haben ihnen kalte Getränke gegeben, wir haben ihnen mit Lastträgern geholfen, ihr Gepäck herüberzubringen, und ich kann sagen, daß die Überquerung sehr gut organisiert war, und wir brauchten nicht mehr als zehn Minuten für jede Familie, um sie über die Brücke zu bringen.
Frage: Haben sie irgendeine mögliche Erklärung für diesen gegenwärtigen passiven Widerstand der jordanischen Behörden? Können Sie sich das erklären?
Huebner: Ich kann mir das auf, äh, zwei Arten er- er- erklären. Vor allem: Die Leute wollten nicht kommen, – – – und die zweite Erklärung ist, daß die Jordanier nicht fähig sind, Leute für die Überquerung zu organisieren.
Frage: Was würden Sie sagen, was sind die Gründe der Leute, daß sie nicht zurückkommen wollen?
Huebner: Ich glaube, daß man sie zunächst gezwungen hat, die Anträge auszufüllen, obwohl sie gar nicht beabsichtigten zu kommen; und jetzt, wo es darum geht, zu – wirklich zu kommen, jetzt wollen sie nicht.
Frage: Und was geschieht mittlerweile mit den Flüchtlingen?
Huebner: Sie warten, und wir warten.
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Kommentar von Prof. Helmut Spehl
Das Repatriierungsprogramm war durch internationalen Druck zustande gekommen. Am 2. Juli 1967 berichtete KOL ISRAEL, die Regierung habe beschlossen, daß ehemaligen Einwohnern Westjordaniens bis zum 10. August Gelegenheit zur Rückkehr über den Jordan gegeben wird. Wer die Sache verstanden hat, wird sich für die unendliche Vielfalt der Verlautbarungen und Resolutionen, der Auslegungen und der Kommentare, die diesem Datum folgten, nicht mehr interessieren können. Es wird genügen, was in vorsichtiger Diplomatensprache im UNRWA-Bericht für 1967 nachzulesen ist:
"Die Hoffnungen, die Anfang Juli geweckt wurden, daß zumindest die Hauptmasse der Flüchtlinge, in Erfüllung der Sicherheitsrats-Resolution 237 (1967), in die Westbank zurückkehren kann, haben sich nicht erfüllt. Die Grunde für die enttäuschten Hoffnungen sind umstritten, und sie sind nicht von der Art, daß der Commissioner-General der Meinung ist, sein Kommentar könnte unter den gegenwärtigen Umständen hilfreich sein. Er und seine Beamten in Amman sind jedoch aus eigener Anschauung zu der Feststellung in der Lage, daß die jordanischen Behörden alles nur Menschenmögliche getan haben, um die Personen, deren Anträge bewilligt worden waren, sofort zu informieren und ihnen jede Unterstützung für die Rückkehr über den Jordan zu sichern. Trotzdem verbleibt die Hauptmasse der Flüchtlinge in Ostjordanien, und wo auch immer die Grunde und Verantwortungen liegen mögen, sie konnten jedenfalls nicht in ihre früheren Heime zurückkehren." (Report of the Commissioner-General of the United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East. New York, 1967. Seite 13).
Die runde Bilanz des kombinierten Fortschaffungs- und Repatriierungsprogramms von 1967: Fünfhunderttausend Araber weniger in Eretz Israel, und immer noch viel zu viele…
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