Showeinlagen mit BND und NSA
Reißleine ziehen
Showeinlagen mit BND und NSA
Von Arnold Schölzel, Junge Welt, 8. Mai 2015Nichts stimmt, das gehört sich so für Geheimdienste und erst recht für ihnen angeschlossene Journalisten. Am Mittwoch um 22.48 Uhr veröffentlichte sueddeutsche.de einen Artikel, wonach »seit Beginn dieser Woche in der Station in Bad Aibling keine Internetverkehre, die bislang an den US-Geheimdienst weitergeleitet wurden, mehr erfasst« werden. Am Donnerstagmorgen echote es aus Berlin: Das sei ein »drastischer Schritt«, »eine Notreissleine« (Konstantin von Notz, Obmann der Grünen im NSA-Untersuchungsausschuss). Um 15 Uhr am Donnerstag verschickte dpa eine neue Version: »Die NSA hat nach Informationen der Deutschen Pressagentur Anfang der Woche entschieden, vorerst nicht mehr auf die Unterstützung des BND bei der dortigen Überwachung der Internetkommunikation via Satellit in Krisengebieten zurückzugreifen.« Haben die offenbar nicht nötig..
Nach dem Platzen des Knallfrosches verdeutlichte AFP am Donnerstag um 14.07 Uhr die Möglichkeiten des NSA-Untersuchungsausschusses im Bundestag so: »›Wir haben keine Chance, die Zeugen zu den relevanten Fragen zu vernehmen‹, sagte die Linken-Abgeordnete Martina Renner kurz nach Beginn der Befragung eines leitenden Mitarbeiters des Bundesnachrichtendiensts (BND).«
Außerdem war an diesem Tag zu erfahren, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst die von ihm erfassten Daten vor der Weiterleitung in die USA nicht überprüft habe. Dafür sei nicht die Abhörstation Bad Aibling, sondern die Zentrale in Pullach zuständig, habe der Stationsleiter vor dem NSA-Untersuchungsausschuss ausgesagt. Die dpa: »Die Mitarbeiter in Bad Aibling hätten dafür gar keine Zeit. ›Wir haben immer Kapazitätsprobleme.‹« Der BND ist demnach eine etwas dämliche, verfolgte Unschuld, ein Amt, das keine Akten schreddert oder Daten löscht – es erfasst sie erst gar nicht.
So schreibt sich Satire von allein. Die Pullacher sind nicht, wie allgemein angenommen, vom Stamme Horch und Guck, sondern wissen nicht, was auf ihren Rechnern läuft, sind also nicht verantwortlich, wahrscheinlich sogar Opfer. Aber auch das ist nicht genau herauszufinden, weil niemand etwas sagen darf.
Es bleibt vorläufig: Der Journalistentrupp aus Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR, der die sogenannte Affäre ins Rollen brachte, hat erfolgreich eine Story plaziert, deren Substanz dünn, wenn überhaupt vorhanden ist. Sie besteht ungefähr in der Nichtsensation, dass BND und NSA das machen, wofür sie da sind. Die NSA betreibt einen globalen Datenstaubsauger, der BND liefert zu.
Tatsächlich sind beide Dienste Instrumente zu Vorbereitung und Führung von Kriegen, Fortsetzung von Politik. Da kann man sich schon mal streiten, gegen wen man zuerst vorgeht: Gegen Russland, gegen »Terror« oder gegen beide gleichzeitig? Die Reißleine zur Auflösung der Dienste hätte seit langem gezogen werden müssen, dazu bedarf es aber einer grundlegend anderen Sicherheitspolitik. Die jetzige wird durch Showeinlagen mit angeblichen Affären nicht angegriffen.