Wie kommen G-36-Gewehre nach Libyen?
http://www.jungewelt.de/2011/03-05/053.php
05.03.2011 / Schwerpunkt / Seite 3
Fragen an die Bundesregierung
Wie kommen G-36-Gewehre nach Libyen?
Mehr als 150000 Menschen befinden sich zur Zeit auf der Flucht vor Ghaddafis
Soldaten und Söldnern. Diese können die Demokratiebewegung auch dank
deutscher Waffentransfers bekämpfen. »In der Amtzeit von Kanzlerin Merkel
genehmigte die Bundesregierung die Lieferung militärischer Geländewagen,
Hubschrauber, Kommunikationstechnik und Störsender«, sagte Jürgen Grässlin,
Bundessprecher der DFG-VK (Deutsche Friedensgesellschaft- Vereinigte
Kriegsdienstgegnerinnen und -gegner) und Vorsitzender des
RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.) am Freitag. »Wenn die
Demokratiebewegung in Tripolis unterdrückt wird und Menschen aus Libyen
fliehen müssen, dann trifft die Bundesregierung Mitschuld.«
»Nähme die Bundesregierung die eigenen >Politischen Grundsätze zum
Rüstungsexport< ernst, dann hätte das Regime Ghaddafi niemals Waffen und
Rüstungsgüter aus Deutschland erhalten dürfen«, erklärte Paul Russmann,
Sprecher der Kampagne gegen Rüstungsexport bei Ohne Rüstung Leben (ORL).
»Libyen wird seit vielen Jahren als kritisch zu bewertendes Empfängerland
von der Fachgruppe Rüstungsexport der Gemeinsamen Konferenz Kirche und
Entwicklung, GKKE, angesehen.« Dennoch habe die Bundesregierung »den
Genehmigungswert deutscher Rüstungstransfers an Libyen von 2008 zu 2009 auf
53 Millionen Euro verdreizehnfacht«.
In diesen Tagen tauchen erste Bilddokumente auf, die sogar den Einsatz von
G-36-Gewehren in den Händen der Familie Ghaddafi belegen. Die Sturmgewehre
von Heckler & Koch kommen in mehr als 30 Staaten zum tödlichen Einsatz,
darunter Georgien und Mexiko – und jetzt sogar noch Libyen, so Grässlin. Die
Gewehrlieferungen erfolgten offenbar auf legalem und illegalem Wege.
Grässlin und Russmann fordern die Bundesregierung auf, »den Export und die
Lizenzvergaben von G-36-Lieferungen in jedwede Krisen- und Kriegsgebiete zu
unterbinden, vergebene G-36-Lizenzen zurückzuziehen und keine neuen zu
vergeben«. Die Sprecher der DFG-VK, ORL und RIB e.V. sehen die
Bundesregierung in der Pflicht, drängende Fragen zum Tatort Libyen sofort zu
beantworten: »Hat die Firma Heckler & Koch GmbH eine G-36-Ausfuhrgenehmigung
für Libyen erhalten? Wenn nein: Auf welchem Weg gelangten die Sturmgewehre
in die Hände des Ghaddafi-Regimes?«
(jW)