Beschluss der Staatsanwalt Basel-Stadt wegen Anzeige gegen zionistischer Propaganda
Beschluss der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt
vom 2. September 1997
S 182.96/97 ab
Das Strafverfahren gegen Mitglieder des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt
betreffend Rassendiskriminierung wird eingestellt wegen Fehlens des subjektiven Tatbestands.
Der Anzeigesteller macht folgendes geltend:
1
- a) Zionismus sei eine ausgesprochen rassistische Ideologie.
- b) Nur durch Gewalt, Unterdrückung und Vertreibung sei die Zielsetzung des Zionismus, einen jüdischen Staat in einem mehrheitlich von Nichtjuden besiedelten Land zu errichten, erreicht worden.
- c) Die nichtjüdische Mehrheit sei aus Palästina vertrieben worden und dieser werde verunmöglicht, in die Heimat zurückzukehren, weil sie nicht Juden seien, was eine Diskriminierung bedeute.
- d) Die in Israel verbleibenden Nichtjuden lebten als Bürger zweiter Klasse und würden öffentlich diskriminiert, weil sie nicht überall im Staatsgebiet wohnen dürften.
2) Ziel der Anzeige sei nur der politische Zionismus. Dieser stelle eine Form des Rassismus dar.
Die Basler Regierung habe Kenntnis von den schrecklichen Folgen des Zionismus. Der Umstand, dass sie Armee und Polizei für die Sicherheit der Teilnehmer aufbiete, beweise, dass sich die Regierung bewusst sei, dass der Zionismus weltweit von grossen Bevölkerungsgruppen bekämpft werde. Es entstehe deshalb der Eindruck, der Kanton Basel-Stadt identifiziere sich mehr oder weniger mit den Unterdrückern der Palästinenser.
Die Tatsache, dass öffentliche Mittel zur Durchführung des Anlasses verwendet würden und die Regierung den Kongress befürworte, führe dazu, dass angenommen werden müsse, die Basler Regierung anerkenne offiziell den Zionismus und legitimiere diesen.
Da mit der Unterstützung der Feier durch den Regierungsrat der Zionismus als Ideologie öffentlich legitimiert werde, stelle dies eine Propagandaaktion seitens des Regierungsrates dar, womit die Regierung Art. 261 bis des Strafgesetzbuches verletze.
Bezüglich 1 b-d ist folgendes festzuhalten:
Der Anzeigesteller behauptet zusammengefasst, die Zielsetzung des Zionismus, einen jüdischen Staat zu errichten, sei durch Gewalt, Unterdrückung und Vertreibung erreicht worden, was zur Folge gehabt habe, dass die nicht jüdische Mehrheit aus Palästina vertrieben worden sei und dieser Mehrheit die Rückkehr in die Heimat verwehrt werde. Die in Israel verbliebenen Nichtjuden seien Bürger zweiter Klasse, weil sie nicht überall im Staatsgebiet wohnen dürften.
Dazu ist zu bemerken, dass es zwischen Juden, dem Staat Israel und dem Zionismus zu unterscheiden gilt.
Die Juden sind grundsätzlich eine religiöse Gruppe
Der Staat Israel ist Völkerrechtssubjekt, ein rechtspolitisches Gebilde
Zionismus bedeutet vorwiegend eine politische Bewegung.
Das oben unter 1 c und d vom Anzeigesteller genannte Vorgehen betrifft offensichtlich den Staat Israel.
Die Behauptung, der Zionismus als politische Bewegung habe zum Ziel, alle Nichtjuden aus Palästina zu vertreiben und die in Palästina verbleibenden Nichtjuden als Bürger zweiter Klasse zu behandeln, stützt sich darauf, dass die zionistische Grundidee im Kern eine Verbindung “Volk” – “Territorium” enthält. Diese Position kann ins Extreme gewendet und als sog. “Blut und Boden” Ideologie verstanden werden, weil dann, wenn ein Territorium zur Ausschliesslichkeit einer Gruppe beansprucht wird, offensichtlich auch Aspekte der Herabminderung oder gar Eliminierung aller nicht zur Gruppe Gehörigen auftritt.
In ihrer extremen, fundamentalistischen Variante, nähert sich also eine zionistische Position, durchaus den von der RDK verpönten Grundhaltungen. Die UNO lehnt deshalb dieses, die Würde des Menschen verachtende Element einer zionistischen Extremposition im Sinne einer fundamentalistischen Bewegung ab, da fundamentalistische Extrempositionen zu menschenverachtenden terroristischen Handlungen (Rabbin-Attentat) geführt haben.
Gemäss Niggli (96, 517) könnten terroristische Akte, auch wenn sie noch so grausam seien, nie mit systematischem Völkermord gleichgesetzt werden. Es sei deshalb verfehlt, zur Legimitation eines Vergleichs von Zionisten und Nationalsozialisten auf die UNO abzustellen.
Die vom Anzeigesteller unter oben 1 lit. b-d genannten Vorwürfe betreffen in erster Linie den Staat Israel und in zweiter Linie den extremen, fundamentalistischen Zionismus.
Da der Regierungsrat Basel-Stadt im vorliegenden Fall nur in Form einer Teilnahme gegen Art. 261 bis des Strafgesetzbuches verstossen könnte, wäre allenfalls Art. 261 bis Abs. 3 anwendbar, d.h. müsste die Organisation des fraglichen Kongresses als Propagandaaktion im Sinne von Art. 261 bis Abs. 3 definiert werden.
Gemäss BGE 68 IV 147 ff kann Propaganda objektiv “in beliebigen, wahrnehmbaren Handlungen liegen, zB im Halten von Vorträgen, Verteilen von Schriften, Ausstellen von Bildern, etc”.
Dazu kommt, dass die allfällige Propagandaaktion ein deliktisches Verhalten gem. Art. 261 bis Abs. 1 und 2 betreffen muss.
Wie bereits dargelegt nähert sich eine zionistische Position in ihrer extremen fundamentalistischen Variante einer von der Rassendiskriminierungskonvention verpönten Grundhaltung. Trotzdem können selbst terroristische Akte solcher extremer Fundamentalisten, auch wenn sie noch so grausam sind, nicht mit systematischem Völkermord gleichgesetzt werden, weshalb es verfehlt ist, zur Legimitation eines Vergleichs von Zionisten und Nationalsozialisten auf die UNO abzustellen.
Es ist deshalb festzuhalten, dass:
a) ein Teil der Beanstandungen allenfalls den Staat Israel betreffen,
b) die vom Anzeigesteller beanzeigten Verletzungen von Art. 261 bis StGB allenfalls von einer kleinen Minderheit extremer Fundamentalisten verübt worden sind,
c) zweifelsfrei davon auszugehen ist, dass die Regierung vom Kanton Basel-Stadt den fraglichen Kongress niemals durchgeführt hätte, wenn der Zionismus grundsätzlich die Extrempositionen der Fundamentalisten vertreten würde, d.h. Positionen, die zu Hass und Diskriminierung aufreizen, bzw. aufrufen würden oder darauf aus wären, Ideologien zu verbreiten, die auf systematische Herabsetzung oder Verleumdung ausgerichtet sind,
d) hat die Regierung von Basel-Stadt keinesfalls die Absicht gehabt, durch die Organisation des Kongresses auf andere im Sinne des Werbens für allenfalls propagierte Gedanken und Werte einzuwirken, so dass diese für die Sache gewonnen oder in ihren Ueberzeugungen bestärkt würden, sondern sie wollte lediglich gedenken, dass der erste Zionistenkongress vor 100 Jahren in Basel stattgefunden hat.
Aus diesen Gründen fehlt es zumindest am subjektiven Tatbestand, weshalb das Verfahren eingestellt werden muss.
STAATSANWALTSCHAFT BASEL-STADT
lic.iur. H. Hauert, Leitender Staatsanwalt
Mitteilung an:
– Elias Davidson
– Mitglieder des Regierungsrates Basel-Stadt (o.R.) (8.09.97)