CIA und US-Senat im Clinch wegen Foltermethoden des Geheimdienstes (Der Spiegels “damage control”)
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03.04.2014 / Ausland / Seite 6
Verfassungskrise oder Hochverrat?
CIA und US-Senat im Clinch wegen Foltermethoden des Geheimdienstes
Von Rainer Rupp
Am heutigen Donnerstag wird in Washington der Geheimdienstausschuß des US-Senats darüber abstimmen, ob eine Zusammenfassung seines 6100 Seiten starken geheimen Untersuchungsberichts über CIA-Folterverhöre an Präsident Obama mit der Empfehlung zur Veröffentlichung weitergeleitet wird. Laut Spiegel online vom Dienstag »enthüllt« der Senatsbericht, daß CIA- Agenten Gefangene Folterverhören unterzogen und »die Bedrohungslagen bewußt übertrieben, Erfolge vorgegaukelt und Foltermethoden verheimlicht« haben. Die Behauptungen der CIA, mit Hilfe der Folter Informationen erhalten zu haben, die dabei helfen würden, angebliche Terrorpläne zu vereiteln und Tausenden das Leben zu retten, haben sich laut Senatsbericht als dreiste Lügen erwiesen. Für junge Welt-Leser sind das allerdings keine »Enthüllungen« sondern bekannte Tatsachen. Wirklich interessant sind der Spiegel-Bericht, und ein entsprechender Washington Post-Artikel, auf dem ersterer basiert, nur wegen der in diesem Zusammenhang nicht berichteten Tatsachen.
Kein Wort verliert das deutsche Qualitätsnachrichtenmagzin über den von der CIA-Führung mit allen, auch mit kriminellen und verfassungsfeindlichen Mitteln geführten Kampf, die Details und das wahre Ausmaß des CIA-Folterprojekts sowie die Namen der Verantwortlichen zu vertuschen und die Veröffentlichung des Senatsberichts zu verhindern. Dabei ist die CIA sogar so weit gegangen, daß sie den Geheimdienstausschuß des Senats, also das Organ, das die Agency überwachen und kontrollieren soll, mit geheimdienstlichen Mitteln ausspioniert und die Ergebnisse der Untersuchung manipuliert hat.
Die Sache kam ans Licht, als am 11. März dieses Jahres die Senatorin Dianne Feinstein, die Demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses und traditionell eine starke Stütze der CIA, die Agency in aller Schärfe öffentlich beschuldigte, nicht nur die Computer der mit der Untersuchung der CIA beauftragten Senatoren und deren Mitarbeiter kontrolliert, sondern auch auf deren Festplatten insgeheim relevante Berichte und Dokumente vernichtet zu haben. Zugleich habe es vielfach Versuche der Geheimdienstler gegeben, die mit der Untersuchung Beauftragten des Kongresses einzuschüchtern. Damit habe die CIA nicht nur gegen zahlreiche Bundesgesetze und gegen die Verfassung verstoßen, sondern auch gegen ein Präsidialdekret, das es dem Auslandsnachrichtendienst verbietet, im Inland Wohnungen zu durchsuchen und Personen zu überwachen, so Feinstein. Viele Mitglieder des US-Kongresses sehen in den Handlungen der CIA inzwischen »eine Verfassungskrise«, und der Vorsitzende des Überwachungsausschusses des Repräsentantenhauses, Darrell Issa, bezeichnet sie sogar als möglichen »Hochverrat«.
Während der Spiegel-Artikel mit keinem Wort erwähnt, daß sich die CIA auch gegenüber Verfassungsorganen im eigenen Land wie der Geheimdienst eines Schurkenstaates benimmt, versucht das Nachrichtenmagazin US-Präsident Obama reinzuwaschen, denn der habe schließlich »die umstrittenen Verhörmethoden der CIA … verboten und als illegale Folter« bezeichnet. Seltsam nur, daß Obama ausgerechnet John Brennan zum neuen CIA-Direktor gemacht hat, der noch vor seiner Ernennung die CIA-Folterpraxis und die außergerichtliche Ermordung von Verdächtigen, auch von US-amerikanischen Bürgern, öffentlich ebenso verteidigt hat wie die elektronische Ausspionierung aller amerikanischen Bürger. Bei Anhörungen über Sicherheits- und Verteidigungsthemen ist er zudem bei zahlreichen Lügen ertappt worden.
Vor diesem Hintergrund bekommt Brennans Bestehen darauf, seinen Amtseid nicht auf die übliche Endversion der amerikanischen Verfassung zu leisten, sondern auf deren Entwurf, mehr als nur symbolische Bedeutung. In dem Entwurf ist nämlich noch nicht das Kapitel der Verbriefung der Bürger- und Menschenrechte (Bill of Rights) enthalten. Auffällig ist auch, daß unter Obama Robert Eatinger, der als Rechtsanwalt und Apologet des CIA-Folterprogramms in dem oben erwähnten Senatsreport über 1600mal genannt wird und nachweislich Foltervideos vernichtet hat, zum Chefjuristen der Agency befördert wurde. Von diesem Posten aus versucht er alles, um die Veröffentlichung des Senatsberichtes zu verhindern.