Die Tätigkeiten des Naturschützers Abraham Yaffe (4)
Die Tätigkeiten des Naturschützers Abraham Yaffe (4)
hebräische Version
Übersetzung aus HA’ARETZ (Tel Aviv), 26. Mai 1978
DIE EWIGE TRAGÖDIE DER NOMADEN
BEDUINEN-MONOLOGE IM NEGEV
von Mordechai Eretzieli
Die Beduinen sind als perfekte Gastgeber bekannt, und viele Juden erfreuen sich ihrer Gastfreundschaft. Aber neuerdings fühlt man sich als Gast in einem Beduinen-Lager nicht sehr wohl. Überall spürt man die Spannung. In einigen Lagern konnten die Beduinen ihren Zorn nicht zurückhalten. Ich habe einige Stämme besucht. Ich sah zerstörte Häuser, niedergerissene Zelte und tote Hunde. Ich sprach mit alten und jungen Leuten, mit Frauen und Kindern. Ich ließ sie tief beschämt zurück. Hier folgt, was sie mir erzählten.
Die Geschichte von Gum’a: “Ich hatte Urlaub, und ich habe meine Familie im Zeltlager besucht. Ungefähr um 10 Uhr morgens hörte ich Wagen kommen. Als sie näher kamen, sah ich 6 Jeeps und 3 Lastwagen. Zwei Jeeps waren von der Polizei, zwei Jeeps gehörten dem ‘Grünen Kommando’ und die beiden anderen Jeeps waren von der Grenzwache.
Die Polizisten kamen auf mich zu, nahmen mir mein Gewehr weg und entfernten das Magazin. Sie drängten mich und meinen 18 Jahre alten Bruder von den Zelten weg. Die anderen Männer aus den Jeeps gingen zu den Zelten, schnitten die Seile durch und warfen die Zelte auf die Lastwagen. Dann nahmen sie die Matratzen, die Leintücher, die Pfannen und alles, was in den Zelten war, und warfen alles auf die Lastwagen. Wir haben den Ort nicht verlassen. Wir haben die Schafe zusammengehalten. Nachts haben wir im Freien geschlafen, auf dem Boden, ohne Decken. Alle, auch die kleinen Kinder. Ich habe jahrelang loyal in der israelischen Armee gedient. Jetzt weiß ich nicht, wie ich zur Armee zurückgehen werde,”
Hassan el-Ranami vom Stamm el-Assem: “Ich habe zwei Frauen, fünf Söhne und vier Töchter. Gestern morgen hatte ich auch noch ein Zelt, Decken, Matratzen. Dort war auch das Gold der Frauen verborgen. Jetzt habe ich keine Decken, keine Matratzen und kein Gold mehr. Gestern hatte ich noch Mehlsäcke, Pfannen, Tee und Zucker. Heute habe ich kein Mehl, keinen Tee, keinen Zucker und keine Kanne mehr, um Tee zu machen. Sie haben alles mitgenommen. Sie haben alles aufgeladen und sind davongefahren. Wohin? Gott weiß es.”
Scheich Auda Suleiman Znon, 60 Jahre alt, ist groß und breit gewachsen. Er gehört zum Azazma-Stamm, der mit 50 Familien in der Arawa (im Negev) lebt. Viele der jungen Leute dieses Stammes waren oder sind bei der israelischen Armee. Zu Beginn dieses Monats hatte mir der Scheich berichtet, daß die Leute vom ‘Grünen Kommando’ Hunde und Esel erschossen haben, und daß sie ihm und seiner Familie drohten, sie würden ebenfalls erschossen, wenn sie hier nicht verschwinden. Ich habe damals in HA’ARETZ darüber geschrieben. Zwei Tage später kamen die Leute vom ‘Grünen Kommando’ zurück und schrien ihn an, weshalb er den Journalisten Lügen erzählt habe. Was für Lügen?, fragte er. Eine Antwort bekam er nicht. Man hat ihn bestraft. Man hat ihm die Wasserleitung kaputt gemacht und ihn gewarnt, niemals mehr mit Journalisten zu sprechen.
Und hier noch die Geschichte von einer der Familien von Scheich Suleiman Znon. Der Vater erzählt: “Schlomo vom ‘Grünen Kommando’ kam am frühen Morgen in einem Jeep. Ich kenne ihn. Er packte meinen Sohn und stieß ihn zum Jeep. Meine Frau schrie: ‘Das ist mein Kind, was machst Du mit ihm?’ Und Schlomo sagte: ‘Du zeigst mir jetzt, wo Ihr Euer Haus habt, und ich gebe Dir den Jungen zurück.’ Meine Frau sagte, daß wir kein Haus haben. ‘Wir sind Hirten. Wir sind immer bei den Herden.’ Da sagte Schlomo: ‘Wenn Du mir nicht sagst, wo Ihr Euer Haus habt, bring ich den Jungen um.’ Meine Frau jammerte: ‘Nimm alles, was wir haben, nimm unsere Schafe, aber gib mir das Kind!’ Schlomo drängte das Kind in den Jeep und fuhr los. Meine Frau rannte hinterher. Er kam noch einmal zurück, nahm eine Handgranate und warf sie in die Schafherde. Ich dachte, die Schafe wären alle tot. Aber die Handgranate machte nur einen furchtbaren Rauch. Dann hat Schlomo geschossen, und meine Frau dachte, er hätte unseren Sohn umgebracht. Sie geriet aus der Fassung, weinte und schrie. Schlomo fuhr mit unserem Sohn in hohem Tempo davon. Erst am Abend brachte er ihn zurück. Wir waren den ganzen Tag über völlig verzweifelt. Aber dann waren wir froh, unseren Sohn lebend wieder zu bekommen. Am nächsten Tag ging ich zu der Arabischen Polizeistation (4) und sagte, was passiert war. An diesem Tag kam niemand zu uns. Aber am nächsten Tag kamen die Polizisten. Ich zeigte ihnen die Spuren des Jeep und den Platz, wo die Handgranate explodiert war. Sie nahmen ein paar Sachen mit und gingen wieder. Bis jetzt hat mich noch niemand aufgefordert, gegen Schlomo auszusagen. Es wird sicher kein Verfahren gegen ihn geben. Das Kind hat zwei Tage lang gebrochen und gezittert und vor Angst geschrien.”
Seine Frau sagt: “Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich den Tod vor meinen Augen gehabt. Mein Kind war den ganzen Tag im Jeep, und ich glaubte, daß es schon tot ist, und daß ich es nie wieder sehen würde. Ich habe solche Angst, etwas zu sagen.”
Der neunjährige Ismael sagt: “Ich hatte Angst. Ich habe nicht gewußt, was er mit mir machen will. Er hat geschossen. Einmal hat er geschossen, ganz nah an meinem Kopf. Ich habe gebettelt, daß er mich zu meiner Mutter zurückbringen soll. Er hat gelacht und gesagt, er bringt mich zurück, wenn ich ihm unsere Zelte zeige. Ich habe bei Allah geschworen, daß wir kein Zelt haben. Ich war immer bei Schlomo im Jeep. Ich habe nicht essen und nicht trinken wollen. Ich hatte so Angst. Ich habe immer noch so Angst.”