Ein Unbestechlicher: Über Werner Pirker (2)
Werner Pirker ist tot! Ohne seine Artikel, Zeitschriften- und Buchbeiträge werden wir Kommunisten wesentlich ärmer dran sein, der gesamte fortschrittliche Journalismus mangelhaft, unser aller gemeinsamer Kampf schwieriger, unsere Gegner scheinbar sicherer.
Zum 65. Geburtstag schrieb ich über und an meinen Genossen: »Keiner formuliert so ewig jung wie er ewig Richtiges. In großer inhaltlicher Güte wie in grandioser Sprache. Er verwirklicht eine dialektische Einheit von Inhalt und Form, die ihresgleichen im Journalismus, gerade auch im linken Journalismus sucht. Mein Genosse Werner P. ist aber nicht irgendein Linker, er ist Marxist, Leninist, Kommunist, ohne in irgendeine Dogmenschublade zu passen.«
Und weiter: »Gerade auch deswegen wird er oft angefeindet, weil er sich mit den ganzen Uralt-, sich aber neumodisch gebenden abweichenden Strömungen innerhalb der Linken auseinandersetzt: Die Antinationalen schimpfen ihn einen Nationalisten, die Zionisten einen Antisemiten, die Trotzkisten nennen ihn einen Stalinisten, wie ihn die alten Apparatschiks in der KPÖ einen Trotzkisten nannten. Ich bleibe bei meiner Aussage im ersten Satz dieses Absatzes.« Und nun soll ich dies alles ins Präteritum setzen? Nein, da sträubt sich mir die Tastatur. Seine Zeilen bleiben, weil sie fast immer richtig waren. So wie die Erinnerung an ihn bleibt, an seine Geradlinigkeit, an seine Streitfähigkeit, an seine Intellektualität und Klugheit, an seine auch ruhigen Feinheiten.
Als ich seinen 65. Geburtstag mit einem viel zu kleinen Artikelchen feierte, wußte ich die Bitterkeit, die jetzt in mir hochsteigt, noch nicht zu ermessen. Ich schrieb: »Unsere Freundschaft währt schon Jahrzehnte. Dafür sehen wir einander eigentlich zu wenig, dafür verbringen wir zu wenig Zeit, um zu diskutieren und zu streiten. Das müssen wir ändern.« Und als wir damals telefonierten, versprachen wir einander, dies zu ändern, und kamen nicht wirklich dazu. Das macht mich noch trauriger, als ich ohnehin schon bin.
Es stimmt, ich habe ihn schon als Journalisten der Volksstimme viel mehr geschätzt als manche andere (nein, die meisten anderen). Er war schon damals unbestechlich, schrieb keine Gefälligkeitsartikel für die Parteiführung, sondern darüber, was wirklich Sache war. Unsere Meinungen deckten sich nicht immer, die prinzipielle Ausrichtung fast immer.
Er warnte schon als Moskau-Korrespondent der Volksstimme vor dem drohenden Untergang der Sowjetunion. Gerade weil er Lobhudeleien über die SU im eigenen »Lager« haßte, folgte er nach dem Untergang der Sowjetunion den einstigen Lobhudlern beim Wechsel auf die andere Seite nicht. Er kritisierte nicht und nichts, weil diese Kritik gerade schick war. Er zeigte offen seine Feindschaft dem Imperialismus und allen seinen Spielarten gegenüber, dabei war er auch bereit, in jedes Nest zu stochern, in dem es sich alte Neu-Linke und ewige Konjunkturlinke gerade kuschelig gemacht hatten. So unbequem wie er war für sie kaum einer. Danke, Werner. Und jene, die sich jetzt klammheimlich, möglicherweise auch offen freuen, weil sie nun seiner spitzen Feder entkommen, seien gewarnt: Seine Worte, seine Analysen werden weiter nachwirken und euch lästig und unbequem sein.
Sein Tod reißt in die kommunistische Bewegung in Österreich (und darüber hinaus) und gerade auch in unsere Partei der Arbeit, an deren Gründungskonferenz er teilnahm, eine tiefe Lücke.
Werner, Freund, Genosse, treu und klug, es war gut, Dich an meiner, an unserer Seite zu wissen. Ehre Deinem Andenken!