Eine rechtliche und politische Begründung der zivilen Aufklärungsarbeit
Eine rechtliche und politische Begründung der zivilen Aufklärungsarbeit
Elias Davidsson, 21. April 2017
Das moderne Strafrecht hat das archaische Selbsthilferecht ersetzt. Menschen, die durch eine Straftat als Opfer oder Angehörige betroffen wurden, sind heute selbstverständlich nicht berechtigt, den mutmaßlichen Täter durch Rachehandlungen zu bestrafen bzw. zu töten. Im modernen Strafrecht übertragen die Bürger die Ermittlung, Verfolgung und Bestrafung der mutmaßlichen Straftäter staatlichen Instanzen, die dazu befugt sind, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Während die archaische Gesellschaft Straftaten in erster Linie als eine Angelegenheit der Familie der unmittelbaren Opfer sah, stellen Straftaten seit der Errichtung des modernen Strafrechts eine doppelte Verletzung dar, nämlich einen schweren Eingriff in die Rechte der unmittelbaren Opfer und gleichzeitig eine Verletzung der öffentlichen Ordnung.
Da Verletzungen des Strafrechts auch Verletzungen der öffentlichen Ordnung sind, kann auch konkret nachvollzogen werden: Erstens finden Gerichtsverhandlungen in Straffällen öffentlich statt und zweitens werden Urteile “im Namen des Volkes” verkündet. Darüber hinaus wird die Justiz durch Steuergelder der Bevölkerung finanziert. Schon alleine daraus entsteht ein berechtigtes Interesse der Bevölkerung, die Ausführung der behördlichen und gerichtlichen Aufgaben zu kontrollieren. Wer bezahlt hat, hat ein Anrecht zu wissen, was mit dem Geld gemacht wird.
Aus diesen Betrachtungen ergibt sich, dass die Öffentlichkeit – und das bedeutet selbstverständlich jeder mündige Bürger – ein Anrecht auf die Aufklärung von Straftaten und die gerechte Bestrafung oder den Freispruch des Verdächtigen besitzt. Der Bürger hat einen begründeten Anspruch auf die Wahrheit und die Gerechtigkeit.
Der Anspruch auf die Wahrheit in Strafsachen ist mittlerweile auch von der Menschenrechtskommission der Vereinigten Nationen als Bestandteil der Menschenrechte anerkannt worden. Das Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat ergänzend Kriterien zur Bewertung von staatlichen Ermittlungen erwirkt. Damit können staatlichen Ermittlungen als angemessen oder unangemessen bewertet werden.
Wo Menschen durch vermutlich terroristische Anschläge getötet werden, besitzen deshalb nicht nur die Opfer und ihre Angehörigen, sondern auch die Öffentlichkeit ein anerkanntes Anrecht auf eine gründliche, unvoreingenommene, unabhängige und durchsichtige Ermittlung der Straftat (die vier Hauptkriterien einer angemessenen Ermittlung).
Es ist bedauernswert, dass in Deutschland staatliche Behörden nach mutmaßlichen Terroranschlägen offenkundig keine angemessenen Ermittlungen im Sinne der Menschenrechte ausführen. Diese Unterlassung verletzt die Rechte der Opfer, ihrer Angehörigen und der allgemeinen Bevölkerung. Es ist die Zeit gekommen, diese Unterlassung nicht mehr zu dulden.
Mit der Forderung nach einer angemessenen öffentlichen Untersuchung der mutmaßlichen Terroranschläge und Amokläufe der letzten Jahre in Deutschland, versuchen wir, die Rechtsstaatlichkeit und die demokratischen Rechte aufrecht zu erhalten und zu verteidigen. Falls staatliche Instanzen der Forderung nach rückhaltloser Aufklärung nicht nachkommen, muss die Zivilgesellschaft so gut wie möglich eigene Untersuchungen durchführen und aus diesen vernünftige Schlüsse ziehen.