Befristete Arbeitsverträge als Erpressung
Erpressungsmanöver
Linksfraktion fordert Abschaffung »sachgrundloser Befristungen«. Starke Zunahme dieser Beschäftigungsform. Betroffenen werden grundlegende Rechte vorenthalten
Von Daniel Behruzi
Junge Welt, 19. März 2014
Sachgrundlose Befristungen spielen auf dem deutschen Arbeitsmarkt eine immer größere Rolle. Das belegen Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), die die der Bundesagentur für Arbeit angegliederte Forschungsanstalt bei einer Anhörung am Montagnachmittag im Bundestag präsentierte. Demnach stieg die Zahl der Arbeitsverhältnisse, die ohne Angabe von Gründen befristet sind, seit 2001 von 550000 auf 1,3 Millionen. Die Linksfraktion im Bundestag fordert die Abschaffung solcher Verträge. Die zu der Zusammenkunft geladenen Sachverständigen trugen eine Vielzahl von Argumenten vor, die diese Haltung untermauern.
Zwei Jahre lang dürfen Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen abgespeist werden, mit maximal drei aufeinander folgenden Verträgen. Ermöglicht haben das einst SPD und Grüne unter Kanzler Gerhard Schröder. Ihre Rechtfertigung: So werde Unternehmen auch bei unsicherer und schwankender Auftragslage die Möglichkeit gegeben, Beschäftigte einzustellen. Für die Oldenburger Professorin Christiane Brors zieht dieses Argument nicht. »Handelt es sich tatsächlich um eine schwankende Auftragslage mit vorübergehend höherem Arbeitsanfall, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis (…) mit Sachgrund befristen«, heißt es in ihrer Stellungnahme für den Bundestagsausschuß für Arbeit und Soziales. Es habe sich aber gezeigt, daß sachgrundlose Befristungen von den Unternehmen vor allem zur Kostensenkung genutzt würden.
Laut Brors sind davon auch und vor allem Frauen betroffen. »Wird das Arbeitsverhältnis sachgrundlos befristet, haben Frauen keinen Schutz vor einer Beendigung des Vertrags wegen der Schwangerschaft«, erläutert die Juristin. »Der Mutterschutz ist mit der sachgrundlosen Befristung unvereinbar.« Hinzu komme, daß befristet Beschäftigte aus Angst vor Nichtverlängerung ihres Vertrags davon abgehalten würden, die ihnen bleibenden Rechte in Anspruch zu nehmen. Daß ein Beschäftigter in dieser Situation Ansprüche gerichtlich geltend mache, sei quasi ausgeschlossen. Die prekäre Vertragsform sei auch eine Untergrabung der betrieblichen Mitbestimmung: »Vor diesem Hintergrund ist es ebenfalls unwahrscheinlich, daß ein Arbeitnehmer in einem sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnis eine Wahl als Betriebsrat anstrebt«, so Brors. Er sei daher »faktisch von der aktiven Mitwirkung an der betrieblichen Interessenvertretung ausgeschlossen«.
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