Gepanzertes Jobcenter
Drogenfahnder des Tages: Jobcenter Kiel
Taschen leeren, Abtasten – was auf Flughäfen, wo prinzipiell jeder als mutmaßlicher Terrorist gilt, die Regel und unangenehm genug ist, könnte Kieler Hartz-IV-Bezieher bald en masse treffen. In den sechs Jobcentern der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt geht die Angst vor Angriffen um. Ab 1. März sollen neue Sicherheitsdienste die Besucher der Behörden nicht nur strenger »permanent« überwachen, sondern auch auf Drogen und Waffen kontrollieren. So steht es in einer beim Bund veröffentlichten Ausschreibung.
Unbegründet ist die Furcht in Kieler Jobcentern nicht. In Neuss war 2012 ein Erwerbsloser ausgerastet und hatte mit dem Messer auf seine Fallmanagerin eingestochen. In Leipzig ging 2013 ein Mann mit dem Hammer auf seine Beraterin los; laut Bild »nur, weil ihm die Bezüge gekürzt wurden«. Und da liegt der Haken: Bei den Bezügen handelt es sich um die Grundsicherung, das »physische und soziokulturelle Existenzminimum«. Wird das gekürzt, müssen Betroffene nicht selten abwägen: Strom bezahlen oder essen. Bei Vollsanktionen wird, wer nicht um Lebensmittelkarten betteln mag, auf beides verzichten müssen. Und will der Vermieter nicht warten, gibt es ja noch Obdachlosenheime. Mit Sanktionen drohen Jobcenter in fast jedem Briefwechsel. Hat man sich erst eine eingefangen, kommt man so schnell nicht raus, denn Widersprüche und Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Dabei belegen Statistiken, daß Sanktionen in weit über der Hälfte aller Fälle sogar nach dem rigiden Agenda-Sozialrecht zu Unrecht verhängt werden. So ist auch die Angst der Betroffenen nicht unbegründet. Und Angst macht wütend, Wut produziert Aggressionen. Ob ein Hochsicherheitstrakt das richtige Mittel dagegen ist? Klar ist wohl: Als potentieller Gewalttäter und Drogenabhängiger wird sich kaum ein Erwerbsloser besser fühlen.