Imagestrategin des Tages: Ursula von der Leyen
Ursula von der Leyen
(Imagestrategin des Tages)
Junge Welt, 13. Mai 2014
Dem Wesen einer Sache entspricht in der Regel nicht ihre Erscheinung. Eine Ausnahme, die diese Regel bestätigte, konnte bisher im Militärischen gefunden werden. Lange, sehr lange war die Menschheit daran gewöhnt, daß Kriegführen, also staatlicherseits angeordnetes und orchestriertes Leute totschlagen, Plündern, Brandschatzen und Vergewaltigen, eine Angelegenheit waffenstarrender Männerbünde sei. Krieg, das war das Stahlbad, aus dem die Virilität emportauchte.
Doch jetzt ist alles irritierend anders. Kriege heißen nicht mehr Kriege, und Ursula von der Leyen eröffnet Bundeswehrkrippen. Bereits im Dezember hatte die Ministerin, deren Ressort vorgibt, eines der Verteidigung zu sein, gesagt, sie wolle aus der Truppe ein familienfreundliches Unternehmen machen. Der Absicht folgten, hier wenigstens blieb es militärisch, Taten – schnell, zackig, gründlich. Am Montag wohnte von der Leyen der Inbetriebnahme der ersten armeeigenen Kinderkrippe in Neubiberg bei München bei, dem Sitz der Bundeswehruniversität. Die Betreuung der »CampusKüken« sei ein starkes Signal, daß die Bundeswehr den Eltern den Rücken freihalte – damit die bitte schön ihrer Ausbildung und Berufung nachkommen: Der Feindeliminierung, familienfreundlich versteht sich.
Ein ambitionierter Regionalhegemon wie die BRD bedarf neuer Rekruten für das Geschäft mit dem Totmachen. Um die anwerben zu können, muß das Image stimmen. Das weiß die Ministerin. Wenn sich die Ausrüstung fürderhin aus dem Elektropanzer, dem solarbetriebenen Kampf jet und Schießgerät aus recyceltem Stahl zusammensetzen sollte, ist endgültig alles im Lot. Angriffskriege der Zukunft werden von glockenhellem Kinderlachen begleitet sein.