Die Tätigkeiten des Naturschützers Abraham Yaffe
Die Tätigkeiten des Naturschützers Abraham Yaffe
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (München), 17. Oktober 1978
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Israelischer General holt biblische Tiere nach Palästina heim
Alle Tiere, die zu biblischen Zeiten in und um Nazareth, Jerusalem und Bethlehem kreuchten und fleuchten, will ein israelischer Naturschützer wieder in seinem Land heimisch machen. General Abraham Yaffe, Chef der israelischen Naturschutzbehörde, widmet sich seit 15 Jahren seiner selbstgestellten Aufgabe, ohne Kosten und diplomatische Finten zu scheuen. Der 65jährige Veteran hatte nämlich ein großes Problem: Fast alle ‘biblischen’ Tiere, die er in Israel wieder einbürgern will, kommen nur noch in den verfeindeten arabischen Nachbarstaaten vor.
“Es genügt nicht, daß die Israeli nach Israel zurückgekehrt sind”, sagte Yaffe auf einem internationalen Naturschützerkongreß. “Wir müssen auch die in der Bibel erwähnten Tiere zurückbringen.”
Ein Beispiel für das Problem des Offiziers, die biblische Fauna Israels heimzubringen, ist die einst in Palästina verbreitete weiße Onyxantilope. Bisher graste sie nur noch in kleinen Rudeln in Saudi-Arabien und im Oman. Zu beiden Ländern unterhält die Regierung in Jerusalem keine Handelsbeziehungen. Der General gab aber deswegen nicht auf. Er kaufte kurzerhand den Grundstock für eine Herde der zierlichen Gazellen vom Zoo der amerikanischen Stadt Los Angeles. Dafür mußte er je Spießbock 30 000 Mark zahlen. Weniger Schwierigkeiten hatte er mit einer anderen Antilopenart, die früher regelmäßig im Tempel von Jerusalem geopfert worden ist. Ihre letzten Herden leben an der iranisch-irakischen Grenze. Vaffe sicherte sich einige Tiere aus dem Iran.
Bei der Suche nach dem somalischen Wildesel, der in der Danakil-Wüste entlang der Grenze zwischen Somalia und Äthiopien lebt, half der Zufall. Lange suchte Yaffe vergeblich. Während eines Besuches in einem Tierpark der Vereinigten Staaten erzählte ihm dann beiläufig der deutsche Besitzer, seine Leute hätten zwölf der seltenen Esel in Äthiopien gefangen, dürften sie aber nicht in die USA einführen. Ohne zu zögern kaufte Yaffe die Herde. Ein israelisches Militärflugzeug wurde nach Addis Abeba beordert und nahm die Esel an Bord.
Gegenwärtig leben die biblischen Tiere – unter ihnen wilde Bergziegen aus Kreta, wilde Schafe aus Cypern und sogar eine Straußenart aus der Danakil-Wüste – in einem mehr als 1 200 Hektar großen Wildgehege 40 Kilometer nördlich von Eilat (im Negev). Yaffe plant, die Tiere später in einem mehr als 4 000 Hektar großen “Natur-Zoo” in der Negev-Wüste freizulassen.
Aber nicht alle Tiere werden sich dort biblischer Freiheit erfreuen dürfen: Da in dem Buch der Bücher auch Löwen und Leoparden erwähnt werden, hat sich Yaffe aus Indien mehrere asiatische Löwen kommen lassen, die den alten ‘biblischen’ Löwen angeblich am ähnlichsten sind. Würde man die Raubtiere frei herumlaufen lassen, so wäre es bald um die Spießböcke geschehen, von denen es in Israel mittlerweile wieder elf Herden mit insgesamt 350 Tieren gibt. Deshalb sollen sie in ein Sondergehege kommen. Denn, sagte der General, “das Frühstück eines Löwen würde uns 30 000 Mark kosten”. (7)