Klartexte 3: Vom antisemitischen zum semitischen Antisemitismus
Vom antisemitischen
Zum semitischen Antisemitismus
Zeitlose Grabreden auf eine unbelehrbare Menschheit
1981 Helmut Spehl Freiburg
Vorwort
Ich hatte in der Reflexion im voraus richtig gesehen, daß die Herausgabe der kleinen Schrift gut sein könnte, um einen Sinnentrug aufzuheben. indessen glaubte ich doch zugleich, es fast wie eine Bedeutungslosigkeit tun zu können. Da werde Ich plötzlich recht aufmerksam auf die Möglichkeit des Ärgernisses, das sie wecken könnte. So werde Ich denn so schwermütig, daß ich weder aus noch ein weiß. So muß ich denn schließlich Ernst damit machen, sie geradenwegs erscheinen zu lassen um mein Selbst zu retten…
SÖREN KIERKEGAARD
Die unvermeidlichen terribles simplificateurs, die zu allen Menschheitszeiten und unter allen Weltumständen die Stempel prägen, die dem zeitgenössischen Denken aufgedrückt werden, von dem sie geprägt sind, werden sich mit kreuzbraven Argumenten weismachen, daß diese kleine Dokumentation besser in den Giftschränken für obszöne Literatur verschlossen werden sollte, damit die ahnungslosen Kinder unserer Zeit beim Anti-Antisemitismus-Spielen nicht an zu gefährliche Sachen kommen. Dies ist umso eher zu erwarten, als sich jeder ernstzunehmende Leser insgeheim doch eingestehen muß, daß die hier angedeuteten zionistischen Rezepte, mit denen der Welt eine scheußliche Suppe eingebrockt wird, unverkennbar der antisemitischen Mitgiftküche der deutschen 30er Jahre entstammen. Das Dilemma, das sich hinter solchen abwehrenden Gedanken verbirgt, ist echt, und es zu lösen gehört zu den vertracktesten Problemen, mit denen eine Generation konfrontiert werden kann, die das nationale Massenverbrechen der vorigen zu verkraften hat: Haben wir, unserer Vergangenheit wegen, zu schweigen, – oder müssen wir, unserer Zukunft wegen, reden, – – wenn die Brockenköche Israelis sind? Das Dilemma ist echt, auch wenn die Öffentlichkeit himmelweit und höllennah davon entfernt ist, zu bemerken, daß eine Wahl getroffen werden muß. In unbestreitbar israelischem und vermeintlich eigenem Interesse wird seit Jahrzehnten dem Schweigen der absolute Vorrang vor dem Reden eingeräumt, aber weniger in Kenntnis des Teufelskreises widersprüchlicher Interessenlagen, denn als Folge der vielschichtigen Teufelei von Holocaust. Und wie die forcierte Krisenpolitik des "Weg vom Öl!" in aller unverstandenen Klarheit zeigt, will Krethi und Plethi, natürlich ohne Plebiszit, es dabei bewenden lassen.
So wird es diese Schrift schwer haben. Man schweigt beruhigter, wenn man nur leise oder gar nicht ahnt, worüber da geschwiegen werden soll. Warum also sollte man sich Klarheit verschaffen wollen? Und selbst in den vermutlich seltenen Leser-Fällen, wo Zweifel an der lauteren Absicht keine Rolle spielen, und wo mehr geweckt wird als Unbehagen, wird man doch wohl die faschistoide Spitze des eiskalten zionistischen Eisbergs, die hier wahrscheinlich zum ersten Mal deutlich vor dem Leserauge auftaucht, als isoliert-harmlose Eisscholle im israelischen Parteienmeer mißidentifizieren, und glauben oder hoffen, daß sie mit eisigem Schweigen am ehesten dahingeschmolzen werden kann. Werden denn nicht die Ehrbarsten in diesem Land, die sehr zu Recht dem isoliert gehaltenen deutschen Rechtsextremismus auf die Finger sehen, die Zumutung als anstößig und ungehörig im höchsten Grade von sich weisen, daß dem zahlenmäßig ungleich bedeutsameren und Maßgebenden israelischen Rechtsextremismus heimgeleuchtet werden soll in sein Stammheim? Und sind die fälligen Begleitargumente nicht erdrückend durch ihr bleiernes Gewicht? Muß da nicht der Einwand überhört werden, daß die erdrückende Argumentation eben dadurch erst zur stichhaltigen wird, daß sie ein Zionismus-Bild voraussetzt, dessen Korrektur sie verhindert?
Nun sind allerdings die jüdischen Leichenberge ein historisch ebenso gesichertes Faktum wie die palästinensischen Flüchtlingslager. Und nach aller Kenntnis menschlichen Verhaltens sollten eigentlich unter den ihrer Taten öffentlich gebrandmarkten Massenmord-Gehilfen jeden Grades weniger Wiederholungstäter zu erwarten sein als unter den öffentlich gedeckten Massenvertreibungs-Gehilfen jeder Couleur. Kann man denn da noch hoffen, mit gegenläufigen Vorsorgemethoden die gleiche Vorsorge zu treffen? Soll der zweite Holocaust der Juden mit Reden, der dritte Exodus der Araber mit Schweigen gebannt werden? Sieht man denn nicht, wie man diesen erleichtert, indem man bloß jenen an die Wand malt? Und jenen erst denkbar macht, weil man diesen ermöglicht? Daß also die vielberedete Verletzbarkeit der Juden am besten gebändigt bleibt, wenn die stillschweigende Immunität der Israelis aufgehoben wird?
Aber ach, wo jedes gegen Israel gerichtete Wort bloß Anstoß erregt, wird ein so verwickeltes dem Nachdenken keinen Anstoß geben. Da wird ja doch regelmäßig, bevor die Argumentation ins Uferlose abirrt, in totaler Faktenverkehrung geltend gemacht, die Israelis hätten keine Palästinenser vertrieben; und ihnen gar diesbezügliche Absichten zu unterstellen, sei eine antisemitische Unverschämtheit unerhörten Grades. Wer dies heute noch guten Glaubens oder gewohnheitsmäßig behauptet, beweist freilich nur, daß er entweder keine hebräischen Zeitungen lesen kann, oder daß ihn die Hebräischkenntnisse zum verachtenswerten Hehler gemacht haben. Es muß hier endlich einmal ausgesprochen werden, was nach Lage der Dinge seit Holocaust im Grunde selbstverständlich ist, aber den Unmut auf die Spitze treiben wird: Der überwiegende Teil der Literaturmassen zum sogenannten Nahost-Konflikt in westlichen Bibliotheken ist entweder bis zur Unkenntlichkeit verbogener Propagandaplunder, oder es handelt sich um Handbücher der Erscheinungsformen der Befangenheit. Bücher, die so eingerichtet sind – um mit Lichtenberg zu sprechen -, daß sie wie Göttinger Zwieback eine gute Weile halten, ohne doch so trocken zu sein, sind es in keinem Falle. Die Ingredienzien, die sie im Handel halten, sind die nämlichen, die sie wertlos machen.
Unter so unbekümmerten Umständen muß die Kollision der Erdöl-abhängigen Industriewelt mit dem zionistischen Eisberg immer katastrophalere Formen annehmen. So schnell wird man den mitgeführten Ballast nicht über Bord werfen können, daß die Gefahr des Untergehens endgültig gebannt ist. Von Medien-Kapitänen mit zweifelhaften Patenten, die sich als unwillens oder unfähig erwiesen haben, das naheliegendste Leck in der zionistischen Propagandamaschinerie ausfindig zu machen – die hebräischsprachige Publizistik – sollte nicht erwartet werden, daß sie die hereinbrechenden Ereignisfluten an den angemessenen Stellen abzuschotten fähig sind. Und ob die Wohlstandspassagiere dann noch die philosemitische Ruhe bewahren und überstürzten Instruktionen Folge leisten werden, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Die Schemen der Eisbergspitze zeichnen sich allenthalben auf den Monitoren ab. Deutschen Fernsehzuschauern werden Bilder von israelischen Wahlkundgebungen gezeigt, bei denen Menschenmassen "Begin, Melech Israel" skandieren. Aber wer versteht schon, daß der Kurs geändert werden müßte? Die Happenings bei US-amerikanischen Wahlfeldzügen sind schließlich genauso unterhaltsam. Was die Beachtung der bereitgestellten Warntafeln in hebräischer Sprache angeht, so leben wir tatsächlich im finstersten Aufklärungs-Mittelalter. Der Informations-Blackout ist nahezu total. Was nicht auf Englisch geschrieben oder gesagt wird, ist für uns wie nicht geschrieben und gesagt. Der Übersetzfehlerteufel mag wissen, wie das technisch zugeht. Die mehr banale Seite der Angelegenheit war vor Jahren einmal (im Dezember 1968) in der damals geschätzten Edel-Illustrierten EPOCA nachzulesen, dessen Chefredakteur sich, wie so viele seiner früheren Kollegen in den Propaganda-Kompanien des Dritten Deutschen Reiches, mit vollendet gesichtswahrendem Erfolg unter die Propaganda-Kompagnons des ersten jüdischen Staates zu mischen verstanden hat. In einem hurra-zionistischen Bildbericht über Israel hieß es da: "(Es ist) 8.00 Uhr. Die Nachrichten werden eingeschaltet. Da ich das Ivrit, die Sprache der Israelis, nicht verstehe, lese ich in den Gesichtern. Ich lese nichts Bedrohliches." – Es muß der Nachwelt vorbehalten bleiben, die abgrundtiefe Ironie und Tragik einer Zeit zu erfassen, die sich Physio-Gnomen im Besitz von Riesen-Manipulatoren ausgeliefert hat, mit denen selbst die kolossalsten Wahrheitsbrocken aus dem einmal eingeschlagenen Weg zu räumen sind.
Die Aufklärungsfeldzüge vieler Generationen von erleuchteten Geistern, und deren verbissene Kämpfe gegen Analphabetentum und Irrationalität, haben den Kulturnationen in unseren Tagen das verbriefte Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit eingetragen. Niemand wird bestreiten wollen, daß die Menschheit damit ein wichtiges Wegstück hinter sich gebracht hat. Aber vom selbstverständlichen Umgang mit der Informationsfreiheit sind wir noch ungeheuer weit entfernt. Wie sonst wäre es möglich, daß eine Schrift, die im Grunde nichts weiter unternimmt, als hebräische in deutsche Lettern umzusetzen, von keinem Chefredakteur einer etablierten Zeitung, und keinem Lektor eines etablierten Verlages, das Imprimatur erteilt bekommen kann. Und daß sie, im Außenseiterverfahren gedruckt und von Zufallslesern gelesen, unfehlbar beiseite geschoben werden muß. Außer im Umkreis einer längst unterrichteten winzigen Minderheit, die ratlos ist und ratlos bleiben wird, und im Klatschkreis jener unverbesserlichen Zeitgenossen, die mit philosemitischer Biedermännermine bei sich denken werden: "Sieh mal einer an, also doch die Juden!" – Der Herausgeber einer Schriftenreihe, der ihren programmatischen Titel: "Klartexte zum weltweiten Problem Palästina" Wort für Wort ernst zu nehmen gesonnen ist, kann selbstverständlich mit noch so minimalen Auflagen nie und nimmer verhindern, daß Leute, die in bösartiger Dummheit Ursache und Wirkung zu vertauschen aufgelegt sind, die Darlegung einer ungemein gefährlichen Entwicklung zur Weiterbildung ihrer Atavismen nutzen. Die Leute sollen ihre Meinungsfreiheit haben, aber sie dürfen auch, ein für allemal gesagt, meiner lebenslangen Verachtung sicher sein. Wir leben in einem Land, in dem sie Gott sei Dank! nicht die Ellenbogenfreiheit haben, die Welt auf den Kopf zu stellen, und sei es nur des miserablen Umstands wegen, daß es in Deutschland keine Juden gibt, an denen sie sich, wie anno dazumal, vergreifen könnten.
Was zuerst war, war zuerst. Und zuerst war der antisemitische Antisemitismus. Von Rabbi Meir Kahane und israelischen Konsorten, denen nun leider das Wort erteilt werden muß, mag zweifelhaft sein, ob ihre Verzweiflung echt ist. Ob also ihr semitischer Antisemitismus ohne den verheerenden Vorreiter völlig undenkbar ist. Ihr Nahost enthält zuviel Wildwest. Aber die Verzweiflung und Herzensverhärtung von Hunderttausenden von einfachen Menschen, die eine antisemitische Antisemitismuswelle ohnegleichen ins semitische Palästina spulte, zumeist gegen den Willen aller daran Beteiligten, die Christen und die Zionisten ausgenommen, die Verzweiflung und Deformation dieser Menschen ist echt. Sie ist die conditio sine qua non für den semitischen Antisemitismus, der in Palästina in Kibbutz- und anderen Elitekreisen seit langem wuchert, und in der Begin-Ara immer gräßlicher gedeiht.
Bekanntermaßen haben die Juden ganz besonders eindrucksvolle Fähigkeiten entwickelt, den Kosmos irrationaler Politaia in ein paar bissigen Worten einzufangen. "Es gibt Christen", so sagen sie, "die sich nicht ganz sicher sind, ob Christus wirklich lebte. Aber sie sind sich völlig sicher, daß die Juden ihn gekreuzigt haben." Neuerdings kann man eine selbstironische Variante hören: "Es gibt Juden, die sich nicht ganz sicher sind, ob es einen Gott gibt. Aber sie sind sich völlig sicher, daß er den Juden das Land Israel geschenkt hat."
Nehmt beides zusammen, und alles nur in allem, und ihr habt den Ur-Ursprung des Antisemitismus in mittlerweile zweierlei Gestalt. Und ihr habt ein schrecklich aktuelles Schulbeispiel der ewigen Tragödie einer unbelehrbaren Menschheit. So entsteht Gewalt. Und mit Brachialgewalt, laßt ihr’s nur treiben wie wir’s alle miteinander schweigend treiben ließen, wird es auch diesmal enden. Denn der semitische Antisemitismus ist halt wieder zweierlei Gestalten fähig.
Freiburg, Anfang Juli 1981 H. S.
1 Never Again
RABBI MEIR KAHANE
ÜBER DEN EXODUS DER DEUTSCHEN JUDEN
Auszüge ist Rabbi Meir Kahanes: "Never Again! – A Program for Survival." (Niemals wieder! – Ein Programm zum Überleben; Los Angeles, 1971, Seite 5). Kahane, der Initiator der "Jüdischen Verteidigungsliga", hat diese programmatische "Philosophie" in den USA geschrieben, kurze Zeit vor seiner Auswanderung nach Israel (vergl. dazu auch Anmerkung 3).
Am 13. Mai 1939 verließ ein Schiff den Hamburger Hafen. An Bord waren 930 Juden, die einem langen Leben und einem Vaterland erleichtert den Rücken kehrten. Sie verließen ihr Geburtsland, und alles, was sie besessen hatten, ließen sie zurück. Es war zur schlimmsten Zeit des Dritten Reiches, als die Tollheit von Adolf Hitler irrationale Züge anzunehmen begann. Sechs Jahre Naziherrschaft waren in Terror, Konzentrationslager, Prügel und Entwürdigung ausgeartet, und neunhundert und dreißig Juden verließen den Alptraum, der einst ihre Heimat gewesen war. Sie gehörten zu den letzten Juden, denen die Gelegenheit zum Verlassen des Arier-Landes geboten worden war, bevor die Nacht der Panzer über Europa hereinbrach…
RABBI KAHANE
ÜBER DEN HOLOCAUST
Kahane: Never Again, S. 11 und S. 3.
Was mit Gerüchten begonnen hatte – unglaublichen Gerüchten – wurde bald zur unbestreitbaren Tatsache. Sie bringen in Europa Juden um; sie vernichten sie millionenweise. Sie vergasen, sie verbrennen Juden, sie rotten unsere Brüder und Schwestern aus. Ende 1942 und Anfang 1943 wußten wir es. Zwei Jahre vor Kriegsende war es jüdischen Organisationen bekannt. Jüdische Führungspersönlichkeiten überall in der Welt wußten es. Jüdische Organisationen in den Vereinigten Staaten wußten, daß ein Holocaust wütete und daß dem Würgeengel erlaubt wurde, zu töten. Niemand rede sich mit seiner Unwissenheit heraus. Schließlich gibt es nur zwei Gruppen, die noch immer darauf bestehen, daß sie damals von den Todeslagern nichts wußten. Drüben in Europa die Deutschen, und hier in USA gewisse jüdische Führer. Beides sind Lügner.
Wir haben die Grabhügel der Leichen gesehen und wir haben die Lager besucht, wo sie uns umgebracht haben. Wir sind in den jetzt leeren Räumen gestanden, in die man damals Juden getrieben hat, um dazustehen in ihrer Nacktheit und ihren letzten Atemzug zu tun. Wir standen da, allein, und doch nicht allein. Neben uns spürten wir die Geister jener, die nicht mehr sind, deren Blut wie Wasser vergossen wurde, weil jüdisches Blut billig zu haben ist. Wir sahen ihre ausgestreckten Hände und schauten in ihre ausgebrannten und seelenlosen Augen, deren Blicke uns durchbohrten, und wir hörten sie sagen:
Never again. Versprecht uns das. Never again.
RABBI KAHANE
ÜBER ANTISEMITISMUS HEUTE
Kahane: Never Again, S. 248, S.98 und S. 107 f.
Jüdische Minderheiten, wo immer sie leben, überall auf der Welt, sind wachsender Verfolgung ausgesetzt. An allen Horizonten tauchen schwarze Wolken auf. Der Tod von sechs Millionen Juden hat den Durst der Welt nach jüdischem Blut in keiner Weise stillen können. Tiefgreifende Schutzlosigkeit und drohendes Unglück erwartet die Juden in der Sowjetunion und in Osteuropa, quer durch Lateinamerika und in Frankreich, und am gefährlichsten ist vielleicht die latente Bedrohung in den Vereinigten Staaten dem Herzland des Weltjudentums mit, ironischerweise, sechs Millionen Juden.
Die Judenhasser der (amerikanischen) Rechten warten. Von dort her kommt letzten Endes die Bedrohung der Juden in den USA. Sie warten ab und werfen ihren Samen aus. Sie propagieren ihre Ideen in Schriften, Reden und aufgezeichneten Telephonanrufen. Solche Leute sind gefährlich, und mag auch ihr Denken hohl und verrückt sein, so denken sie doch eine ganze Menge und betreiben ohne Unterlaß ihr Geschäft, während wir uns nichtsahnend unserem Vergnügen hingeben.
Ich weiß von Leuten, die von Gaskammern reden, von jüdischen Verrätern und der Eliminierung des Jidden. Ich weiß, daß Millionen von verzweifelten Menschen in den USA ihnen mit größerer Aufmerksamkeit zuhören als je zuvor. Ich habe die haßerfüllten Gesichter gewisser New Yorker Polizisten gesehen, und ich habe ihr Geschrei gehört: "Hitler hat nicht genug von eurer Sorte erwischt", und: "Hierlang gehts zu den Gaskammern." Ich weiß, daß Deutschland keine Ausnahme war, und daß Gaskammern keine ausschließlich europäische Angelegenheit sind. Was dort geschah, kann wieder geschehen und der Samen des Holocaust ist bereits ausgestreut. Wird er als gefährliches Unkraut aufgehen, das Amerika ersticken wird? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß alle jene Narren, oder Blinde, oder beides sind, die sagen, es könne nicht geschehen.
RABBI KAHANE
ÜBER ASSIMILATION
Kahane: Never Again, S. 115 f.
Gäbe es keine Antisemiten, und könnte der Judenhaß wunderbarerweise aus allen westlichen Ländern verbannt werden, der Jude wäre dennoch einem Desaster ausgesetzt; er wäre dennoch mit der Auslöschung konfrontiert. Der Talmud spricht von allerlei Todesarten, die einen schmerzhaft, die anderen süß. Die Assimilation ist die süße Krankheit, von der die amerikanischen und westlichen Juden befallen sind. Was die (katholische) Kirche nicht zustande brachte, was die Kosaken nicht geschafft haben und was in Auschwitz scheiterte, wird vom süßen Duft der Assimilation vollbracht. Es gibt heutzutage für den Juden kein größeres Problem. Widersteht er, wird er überleben; nachgeben bedeutet Untergang.
RABBI KAHANE
ÜBER "JÜDISCHEN STOLZ"
Kahane: Never Again, S. 133 und S. 142 f.
Einer der großen jüdischen Führer unserer Zeit, oder genau genommen vieler jüdischer Epochen, war der legendäre Ze’ev Jabotinsky: Schöpfer der Jüdischen Legion, der ersten jüdischen Kampftruppe seit der Römerzeit; Begründer der Haganah während der ersten antijüdischen arabischen Aufstände neuerer Zeit in Jerusalem; geistiger Vater der jüdischen revolutionären Kämpfer von IRGUN und LECHI (Stern-Gruppe); Visionär eines jüdischen Staates, als andere vor dem Konzept noch zurückschreckten. Jabotinsky meißelte all dies aus einer Philosophie heraus, die er mit einem hebräischen Wort bezeichnete: HADAR. Hadar bedeutet Stolz; Hadar bedeutet Würde; Hadar bedeutet Selbstrespekt.[1]
Nur von jüdischem Leiden und Holocaust zu sprechen, ist nicht genug. Immer nur das Abschlachten von Juden zu betonen, trägt zum Bild des Juden als schwaches, schutzloses Wesen bei, trägt bei zur Verachtung, die der Jude vor sich selbst und für sein Volk empfindet, und schafft den Selbsthaß, der zum Erscheinungsbild von viel zu vielen heutigen Juden gehört. Es darf nicht erlaubt werden, jüdische Rechte mit Füßen zu treten… Wo ein jüdisches Recht mit Füßen getreten wird, muß sofort eine Antwort gegeben werden, hart, aber verantwortungsbewußt, militant, aber sorgfältig durchdacht, geschmeidige Worte, aber unbeugsame Haltung. Niemals ist jemand zum Antisemiten geworden weil Juden für etwas kämpften, was ihnen rechtens zustand, und kein Antisemit hatte jemals zu bereuen, weil Juden ihm erlaubten, ihn seiner Rechte zu berauben.
Jüdisches Eisen, jüdischer Stahl – dies ist gemeint mit dem Begriff des B a r s e l. Er beinhaltet Hartnäckigkeit im Umgang mit jenen, die dem Juden zu schaden wagen. Er bedeutet, eine offene Friedenshand anzubieten, die, falls sie zurückgewiesen wird, in Verteidigung jüdischer Interessen zur eisernen Faust werden muß. Er bedeutet, daß der Jude bereit ist, mit sich von Mann zu Mann, oder von Schwein zu Schwein, aber nicht – never again – von Mann zu Schwein sprechen zu lassen.
RABBI KAHANE
ÜBER GEWALT
Kahane: Never Again, S. 151, S. 156, S. 157 und S. 211 f.
Die Jüdische Geschichte ist angefüllt mit Kriegen und Kämpfen für jüdische Brüder, nationale Identität und Land. Wenn wir heute vom "neuen Juden" reden, der in Israel heranwächst, begehen wir einen großen Fehler. Der harte, ungebundene, junge Sabre ist kein "neuer Jude"; er ist vielmehr die Wiederauferstehung des "alten Juden", der vor mehr als dreitausend Jahren zum ersten Mal das Land durchschritt und kämpfte und Gewalt anwendete zu dessen Verteidigung.
In jeder Generation und an jedem Tag ist es immer wieder das gleiche. Als die jüdische Untergrundbewegung in Palästina – IRGUN und LECHI – die Revolte und die eiserne Rebellion proklamierte, drang die Verurteilung durch die "respektablen" und "ethischen" Juden bis in den Himmel. Heutzutage, da der Staat Israel Gewaltanwendung durch Sabres annehmbar gemacht hat, neigen wir dazu, zu übersehen, wie anders dies vor 30 oder 35 Jahren war, als die Jabotinsky-Bewegung das Banner der Revolte hißte. Als das IRGUN-Symbol, eine Hand mit einem hochgehaltenen Gewehr mit der kühnen Inschrift: "Nur so", entfaltet wurde, war das entrüstete Geschrei der ehrenwerten Juden aus allen Himmelsrichtungen zu vernehmen.
Nicht nur die Tatsache daß der Staat Israel gegründet wurde – was natürlich auch ein Sieg war – ist von Bedeutung. Es wurde ein sehr viel wichtigerer Sieg errungen, ein philosophischer. Jene, die nach jüdischer Gewaltanwendung riefen, weil wir in einer Welt leben, die nichts anderes versteht und sich um nichts anderes kümmert, fanden sich durch die Tatsache bestätigt, daß die gleichen jüdischen Führer in Palästina, die jüdische Gewalt und jüdische Waffen verschrieen hatten, sich nun beugten und sowohl Gewalt praktizieren wie auch unterstützen.
Im Selbstverständnis des Staates Israel für die Notwendigkeit einer Politik der Gewalt, und für den höchst jüdischen Charakter solcher Gewalt, liegt die Rechtfertigung für Ze’ev Jabotinsky und für alle, die von ihm lernten. Wenn Gewalt unjüdisch ist, dann gibt es im Nahen Osten einen Staat, der der unjüdischste aller Staaten ist. Wenn der Staat Israel seine Kommandos zum Beiruter Flughafen schickt, um über 13 arabischen Flugzeugen H a v d a l a zu machen, ist das kaum unjüdisch. Das ist kerngesund; das ist Überleben; das ist die Bekräftigung des jüdischen Rechts auf Leben.[2]
Am Anfang jüdischer Weisheit, jüdischer Gesundung und Existenz steht die Einsicht, daß es eine höchst wünschenswerte Sache ist, Jude zu sein und als Jude zu leben… Am Anfang steht eine neue Philosophie, die aus den Leichenbergen von Auschwitz und Treblinka, aus Asche, Niedergang und Pogromen erwächst. Es muß eine Philosophie sein, die jüdische Existenz zum höchsten moralischen Imperativ macht, und das verächtliche Konzept zurückweist, daß Eisen und Gewalt unannehmbare Methoden im Kampf um jüdisches Überleben sind. Am Anfang steht das Verständnis, daß wir niemand Rechenschaft schuldig sind für unsere Existenz, daß vielmehr die Welt uns mehr schuldet, als sie jemals bezahlen kann.
RABBI KAHANE
ÜBER (AMERIKANISCHEN) EXTREMISMUS
Kahane: Never Again, S. 93 f., S. 91 und S. 102.
Das Böse wird unter Menschen geboren, die mit Ängsten leben; Tyrannei wird von denen akzeptiert, die sich schutzlos fühlen. Manche Juden werden (die Gefahr) mit dem ewigen jüdischen Abzähl-Spiel abtun: Es sind ja nur eine Handvoll Extremisten. Wieviele Mitglieder haben sie denn? Was schon können d i e anstellen. Wir haben doch keinen Verfolgungswahn! Viel zu viele jüdische Führungspersönlichkeiten und Gruppen kommen uns mit diesem Argument. Wir sollten lernen, dieses Abzähl-Spiel nicht mehr zu spielen. Ein Land braucht keine Mehrheit von Antisemiten oder Extremisten, um ernsthaft gefährdet zu sein. Ganz wenige extremistische Gruppen haben zu Zeiten die Macht ergriffen, als sie die Mehrheit hinter sich hatten. Die Bolschewisten waren ein unglaublich kleiner Teil des russischen Volkes, als sie an die Macht kamen. Die Mitglieder der Nazipartei waren eine kleine Minorität des deutschen Volkes, und dennoch konnten sie auf legale Weise die Macht erringen. Extremisten brauchen keine Menschenmassen. Sie verlassen sich auf eine kleine Gruppe hingebungsvoller, disziplinierter Leute, die keine Opfer scheuen. Und dann, wenn die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Umstände ihnen günstig sind, ergreifen sie die Macht, wobei ihnen die "Neutralität" und die Apathie der Mehrheit und die Beschränktheit ihrer potentiellen Opfer, die sich weigern, die Gefahr ernst zu nehmen, sehr zustatten kommt. Ist die Furcht vor Antisemitismus und das Heranwachsen einer rechtsextremen Tyrannei in den Vereinigten Staaten zu weit hergeholt?
Verzweifelte Leute sind Menschen, die hassen, und haßerfüllte Menschen vollbringen alle Arten von krankhaften und schrecklichen Dingen.
Wenn sich jemand wie ein Nazi aufführt, muß er wie ein Nazi behandelt werden, egal ob er im schwarzen Hemd oder mit schwarzer Hautfarbe auftritt.
2 Again
Akiva Eldar
Rabbi Kahane ist auf Immunität aus
Übersetzung aus dem Hebräischen. HA’ARETZ, 10. April 1981.
Die Auswahl der Dokumente über die Agitation des Rabbi Meir Kahane in Israel wurde in der Weise getroffen, daß dem Leser dasjenige Bild vermittelt wird, das sich der liberale und gebildete israelische Zeitungsleser machen kann. Die kritischen Stellungnahmen sind demgemäß überproportional vertreten. Den umfang des vorliegenden hebräischen Quellenmaterials über die chauvinistischen Strömungen in Israel wird sich der Leser kaum vorstellen können. Der Herausgeber schöpft mit Fingerhüten aus dem Vollen.
… Rabbi Kahane, im verwaschenen Khaki-Kampfanzug und in alten Hosen, schüttelt dem Erdbeer-Verkäufer auf dem ‘Mahane Jehuda’ (dem Jerusalemer Markt) die Hände. "Diesmal keine Ablenkungsmanöver, diesmal bis zum Ende." Kahane wendet sich zum nächsten Gemüsestand, und seine Helfer, die über den ganzen Markt ausschwärmen, kündigen ihn an: "Kahane ist da". Der Händler wischt sich das Gurkenwasser von den Händen und nimmt die gelben Flugblätter mit dem KACH-Emblem entgegen, der Faust im Davids-Stern, das Rabbi Kahane zweimal aus der Knesset ferngehalten hat.[3] Er kennt Kahanes neuen Slogan und ruft ihn seinem Kompagnon zu, der eben Oliven abwiegt: "Kahane, hapa’am ad hasof!", – Kahane, diesmal bis zum Ende! Mittlerweile kommt eine wichtige Kundin, und der Händler eilt zu seinen eingelegten Gurken. "Wissen Sie, wer das ist? Der meschuggene Kahane." Und was hält Kahane von diesen Leuten? "Na ja", sagt er zu mir, "diese Leute wissen natürlich nicht, was ‘bis zum Ende’ zu bedeuten hat, aber sie verbreiten, daß Kahane es weiß und bis zum Ende geht. Sie wissen, was ein ‘Mann’ ist. Für sie bin ich ein ‘Mann’, und politisch ist das eine Menge wert. Sie haben Begin gewählt, weil sie glaubten, er sei ein ‘Mann’, und jetzt sind sie von ihm enttäuscht."
Kahane weiß natürlich, daß die Händler auf dem Jerusalemer Markt sich an die goldene Regel halten, daß Versprechungen nichts kosten. "Es sind gute Juden, sie machen allen Leuten Versprechungen. Ich hoffe, daß ich ein Drittel der hiesigen Stimmen bekommen werde." Ein junger Gemüseverkäufer kommt dahergerannt. "Auf dem Mahane Jehuda werden Dich alle wählen. Wir sind von Begin enttäuscht." Er möchte gerne Wahlhelfer für Kahanes KACH-Partei werden. Einer von Kahanes Leuten notiert seinen Namen und verspricht ihm, sich darum zu kümmern. Der Mahane Jehuda Markt ist für die hebräische Presse schon immer ein politischer Test-Platz gewesen, und alle Anfänger unter den Rundfunkreportern werden hierher geschickt, um Stellungnahmen zu holen, egal zu welchem Thema. Zur Zeit hat man hier ein Problem: Begin, der Mann in Israel, hat sie enttäuscht. Er hat ihnen das Allerbeste versprochen, und dann hat er ihnen diese Schurken von der Steuerbehörde auf den Hals geschickt. Während Begins Regierungszeit hat der Jerusalemer Fußball-Club ‘Betar’ seinen Listenplatz in der National-Liga verloren, und Uri Malmilian, ihr Star, ist keinen Pfifferling mehr wert.
Als wir später im Büro der ‘Jewish Defence League’ zusammensitzen, analysiert Rabbi Meir Kahane das Phänomen: Nablus und Hebron interessiere diese Leute nicht. Mit diesen Leuten müsse man über Brot und Butter reden. Sie heulen herum und verfluchen die Einkommensteuer. "Glaubst Du, ich weiß nicht, daß sie alle Millionen verdienen und die Steuer hinterziehen? Aber das spricht sie nun einmal an." Kahane nimmt eines seiner gelben Flugblätter. Da wird gefragt: "Der Staat hat kein Geld?", und die Antwort erscheint als Bildunterschrift zum Photo eines Arabers: "Warum eigentlich muß der Staat Milliardenbeträge für den arabischen Sektor verschwenden, während allein die Juden die Lasten tragen?" Und was hat Rabbi Kahane den armen Juden vom Jerusalemer Markt zu sagen? "Nur die Juden zahlen volle Steuern." Und wie sieht seine Flugblatt-Botschaft für die Soldaten aus? Daß Kahane verhaftet war, weil er Anordnungen des Militärs mißachtet hat?"[4] "Nur Juden leisten drei Jahre Militärdienst ab – Kahane in die Knesset, auf dem Weg zur Regierung; wir wählen KACH."
Was würden die Behörden wohl tun, wenn im Gaul eine arabische Partei. gegründet würde, die erklärt: "Einen Staat Israel gibt es nicht – Palästina allein den Palästinensern. Juden zurück nach Polen." Bei Rabbi Kahane heißt es Schwarz auf Gelb: "Eretz Israel allein dem Volk Israel. Araber – nach Arabien, Juden – nach Zion." Kahane verspricht, daß er demnächst ein Flugblatt in arabischer Sprache verteilen wird, das den Arabern klarmacht, weshalb es für sie besser ist, von hier zu verschwinden. Mit dieser ‘zionistischen’ Wahlplattform versucht er, in die Knesset gewählt zu werden und möglicherweise schafft er das auch. Als er kaum 40 Jahre alt war, fehlten ihm lediglich 1200 Stimmen, um die Immunität zu erlangen, und damals, 1973, hatte er weniger Helfer und weniger Geld. Er fühlt sich sicher, diesmal Erfolg zu haben. Die religiöse Rechte wird ihn Leuten wie Mosche Schamir und Ge’ula Cohen (von der Techijah-Partei des Juval Neeman; Zusatz des Übers.) vorziehen, die die Gebote Gottes nicht halten.
Rabbi Kahane kam als Experte für die Probleme der orientalischen Juden aus dem Gefängnis. (…) Die Behörden, die Kahane in Administrativhaft brachten, haben ihm einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Rabbi Kahane ist auf diese Weise zum Mann geworden. Er ging den Weg mit seinen Ideen bis zum Ende. Aber der 48jährige Rabbi, der bald Großvater werden wird, möchte nicht ins Gefängnis zurück. Der Titel eines Mitglieds der Knesset ist ihm gleichgültig, so wenigstens sagt er. "Es drängt mich nicht, in der Knesset zu sitzen. Alles was ich brauche, ist Immunität, damit ich Zehntausende auf die Straßen bringen kann, falls Begin oder der Ma’arach (die vereinigten Arbeiterparteien unter Schimon Peres; Zusatz des Obers.) sich zur Rückgabe von Territorien entschließen sollten. Ich werde der Führer der Massen sein, die Peres bei seinen Gesprächen mit US-Präsident Reagan nützlich sein werden." Peres wird sagen können: "Ich bin ja zu Konzessionen bereit, aber die Leute lassen mich nicht." Es würde mich interessieren, ob Peres von seinem neuen Assistenten Kenntnis hat.
Die alten Geschäftsräume der ‘Jewish Defence League’ in der Usischkin-Straße sind vom Geruch frischer Drucksachen erfüllt. Junge Leute mit Jarmulkas (den Käppchen, wie sie streng religiöse Juden tragen; Zusatz des Obers.), die Hebräisch mit amerikanischem Akzent sprechen, schleppen die großen Stapel gelber Flugblätter mit dem Slogan: "Kahane in die Knesset". Der Führer kam kürzlich von einer Spendenaktion aus den USA zurück und brachte 150 000 Dollar mit. Mit diesem Geld hat er ein Büro in Haifa gemietet, und er will damit einen weiteren Wohnwagen für die Wahlkampagne anschaffen. Rabbi Kahane ist voll des Lobes für die "Hunderte von Freiwilligen, die im ganzen Land tätig sind", und er bezahlt mehr als 30 Leuten Gehälter. Sein Problem besteht darin, daß er keine geschulten Redner hat: Auf Jossi Dayan, seinen Generaldirektor, stützt er sich möglichst nicht, und um sicher zu gehen, nimmt Dayan bei Hausbesuchen ein Video-Gerät mit und zeigt die Entlassungs-Party für Kahane und dessen damalige Ansprache. Wer mehr über seine Theorie wissen möchte, erhält ein Exemplar des Buches als Geschenk, das Kahane während seiner Haftzeit geschrieben hat. Auf dem Umschlag sind zwei junge Araber mit verhüllten Gesichtern abgebildet, die mit den Fingern das V-Zeichen machen. Das Buch trägt den Titel: "Lesikkim b’einechem" – Dorn im Auge. Das (heute nicht mehr gebräuchliche) Wort ‘sikkim’ bedeutet Dornen und ist 4 Moses 33, 55 entnommen: "Werdet ihr aber die Einwohner des Landes nicht vertreiben vor eurem Angesicht, so werden euch die, so ihr überbleiben laßt, zu Dornen werden in euren Augen und zu Stacheln in euren Seiten…"
Das Buch ist voll von Nazi-Bildern und Aufwiegelung, die israelischen Araber, Bürger dieses Staates, zu eliminieren. Kahane schreibt da beispielsweise: "Die berufsmäßigen Ausreden-Produzenten werden auf die große Zahl von Arabern hinweisen, die niemals an irgendwelchen Aktivitäten gegen den Staat beteiligt waren. Auf die gleiche Weise hätten die deutschen Nazis ‘die Loyalität’ der Belgier, der Franzosen und der Niederländer mit der kleinen Zahl von Untergrundkämpfern in Jenen Ländern ‘beweisen’ können."
Immerhin, Kahane schlägt dem Volk Israel vor, etwas von den Nazis zu lernen. Hitler wird in seinem Buch auch im Zusammenhang mit dem Plan erwähnt, "sämtliche deutschstämmigen Gruppen, die damals außerhalb der Grenzen des Dritten Reiches lebten, innerhalb des Großdeutschen Reiches neu anzusiedeln". Kahane spricht in seinem Buch von dem Versuch, ein ganzes arabisches Dorf, Gusch Halav, in Kanada anzusiedeln. Er sagt, er habe dem Regierungsberater für arabische Angelegenheiten, Mosche Scharon, eine Liste von 5000 Arabern übergeben, die emigrieren wollen.[5]
Kahane beendet sein Buch mit den Sätzen: "Und David trennte das Haupt des Goliath von dessen Rumpf und entledigte sich der Schande Israels. Laßt uns die Araber vom Rumpf Israels abtrennen und uns die Erlösung bringen."
Als Kahane den Mahane Jehuda Markt verließ, rief ihm ein junger Gemüsehändler hinterher: "Das ist der Verbrecher Kahane; er möchte in die Knesset, damit er die Immunität bekommt."
Ich frage mich, wozu Kahane die Immunität braucht, wo er doch seine Ideen in aller Öffentlichkeit verbreiten kann, ohne alle Umstände.
Leserbrief
Übersetzung aus JERUSALEM POST, 13. Februar 1979.
Rabbi Kahanes Lösung
Im April 1939 erschienen zwei SS-Männer in meiner Wohnung in Prag und forderten mich auf, sie zum Petschek-Palast, dem Sitz der Gestapo in Prag, zu begleiten, um Eichmann kennenzulernen. Bei dieser ersten Begegnung erklärte mir Eichmann, daß die beste Lösung für die Juden die wäre, auszuwandern – je eher, je besser.
Vierzig Jahre später werden an der Haifaer Universität von Rabbi Kahane die gleichen Maßnahmen empfohlen, um die Araber-Frage in Israel zu ‘lösen’. Und was noch entsetzlicher ist: kein einziger jüdischer Student protestierte.
Menahem Golan, Haifa.
Kahane In Nablus
Übersetzung aus HA’ARETZ, 18. April 1977.
Vergangene Woche sandte Rabbi Kahane dem Bürgermeister von Nablus (in der besetzten Westbank) ein Telegramm mit der Ankündigung, daß er in die Stadt kommen werde und mit dem Bürgermeister zusammenzutreffen wünsche, um ein neues (jüdisches) Viertel zu planen. Der Bürgermeister schickte das Telegramm zurück und verwahrte sich "sehr verärgert" gegen dessen Inhalt.
Rabbi Kahane traf gestern gegen 11.00 Uhr mit vier mit Uzi-Maschinenpistolen und Revolvern bewaffneten Begleitern in Nablus ein. Einem Angestellten im Rathaus wurde gesagt "Nach 2000 Jahren Exil kehren die Juden in ihre Stadt Nablus zurück." Der Bürgermeister weigerte sich, Kahane zu empfangen.
Anschließend zog Rabbi Kahane eine Mesusa hervor und erklärte, dies werde die erste Mesusa am ersten jüdischen Haus in Nablus sein.[6] Eine zornige Menge sammelte sich währenddessen an, und es wurden Rufe wie: "Raus!", und "Palästina den Arabern!" laut. Rabbi Kahane und seine Begleiter zogen sich zurück. Einer von ihnen zog eine Pistole und bedrohte einen Stadtarbeiter. Rabbi Kahane erklärte, er werde jetzt einen Rundgang durch die Stadt machen. Seine Begleiter richteten ihre Waffen auf die paar Dutzend Ortsansäßigen, die Slogans ausstießen und nationale Lieder sangen.
Die Grenzpolizei traf erst ein, als Kahane das Rathaus verlassen hatte.
Hadah Bosches
Kahane Im Fernsehen
Übersetzung aus HA’ARETZ, 31. August 1978.
Rabbi Kahane ist zweifellos mutig. Ein Beleg für seinen Mut ist seine Bereitschaft, auf dem kleinen Bildschirm zu erscheinen und sich den grausamen Kameraleuten auszuliefern, die sich von Zeit zu Zeit immer wieder die Freiheit herausnehmen, seine auffälligen Gesichtszuckungen groß ins Bild zu bringen. Dieses Zucken trägt nicht gerade zu seiner Glaubwürdigkeit bei. Für Augenblicke hatte ich den Verdacht, daß er Ja’akov Agmon, der ihn interviewte, vielleicht vielsagend zuzwinkern wollte, aber Ja’akov Agmon ist ein guter Junge, und ich glaube nicht, daß Rabbi Kahane in ihm einen Bundesgenossen sieht, der an seinem Geist und seiner Seele teilhat.
Außer den physischen Zuckungen, die man einfach nicht übersehen kann, sind bei Rabbi Kahane auch gewisse psychische Zuckungen auffällig, die er in der Sendung "Alei-koteret" (In den Schlagzeilen) vom Donnerstag mit der gleichen Unbekümmertheit bloßlegte. In vollem Ernst erklärte er, daß man in Kürze die Araber Groß-Israels loswerden müsse, und dazu sei es unumgänglich nötig, sie auf Lastwagen zu laden und sie über die Grenze in ein arabisches Land wie Libanon abzuschieben. Als Ja’akov Agmon dem verehrten Rabbi stattdessen Eisenbahnwaggons als Transportmittel vorschlägt, die sich bereits als nützlich und sicher erwiesen hätten, stimmt er ihm vorbehaltlos zu und bemerkt in seinem Eifer, das Volk Israel zu retten, die überdeutliche Anspielung überhaupt nicht. Die Endlösung des Rabbi Kahane ist klar und einfach; sie ist zwar nicht elegant, aber keiner verabscheut Kleinigkeiten mehr als er.
Als Ja’akov Agmon, der das Interview mit vorbildlicher Höflichkeit und Zurückhaltung führte, die Schlußfrage stellte, was denn geschehen soll, wenn es unter der arabischen Bevölkerung Leute gibt, die sich weigern, ihre Häuser und ihren Grund und Boden zu verlassen und die Lastwagen und Eisenbahnwaggons zu besteigen, die der Rabbi in seinem Großmut ihnen zum Transport zur Verfügung stellen möchte, zögert er keinen Augenblick und empfiehlt, in diesem Fall Gewalt anzuwenden.
Rabbi Kahanes Auge zuckt zwar, aber nicht weil ihn moralische Bedenken plagen. Im Gegenteil. Er ist sich der Rechtschaffenheit seines Weges völlig sicher, und er weiß, wie man die Probleme ein für allemal löst, die wir – die israelische Regierung vorneweg – ängstlich und wirkungslos zu bewältigen suchen. Mit großer Beredsamkeit verkündet er, daß er nicht der einzige Gerechte in Sodom sei. Es gebe viele Gerechte, die mit ihm einig seien und mit ihm an ein Endlösung glauben, wie er sie vorsieht und in großen Linien so klar skizziert, daß für zweideutige Auslegungen kein Raum mehr bleibt.
Er scheut die Publicity keineswegs, die "Alei-koteret" ihm und seinen originellen Ideen verschafft, und er betont, daß auch dies ein Weg sei, um die Vielen zu erreichen, die noch nicht überzeugt sind und sich vom Lärm der mit Menschen beladenen Lastwagen und Eisenbahnwaggons ihr jüdisches Gewissen bedrängen lassen (wieder dieses bedeutungsvolle Zwinkern!).
Der Auftritt des Rabbi Kahane war zweifellos außergewöhnlich und schrecklich. Mich bekümmert jedoch eine andere Frage:
Weshalb hat niemand aus den Führungsgremien der Rundfunk- und Fernsehanstalt die Entlassung der für die Sendung "Alei-koteret" Verantwortlichen gefordert, die einen Mann mit Ansichten wie die des Rabbi Kahane auf den Bildschirm bringen!? Ansichten, die dazu angetan sind, uns und dem Image Israels in der Welt zu schaden, besonders am Vorabend der Friedenskonferenz von ‘Camp David’. Der Redakteur David Weiser ist wegen des Interviews mit Uri Davis (einem vor allem im Ausland antizionistisch tätigen Israeli; Zusatz des Obers.), der radikale und anormale Ansichten von sich gab, gefeuert worden. Warum werden die Verantwortlichen für das Interview mit Rabbi Kahane nicht entlassen, der ebenfalls extreme und anormale Ansichten von sich gibt, die genauso gefährlich für den Staat Israel sind?
Tom Schegev
Der Professor
Übersetzung aus der Wochen-Beilage von HA’ARETZ, 5. Juni 1981.
Um die Vorstellung der Kandidaten der Techijah-Partei für die 10. Knesset abzuschließen, gibt es keinen besseren Namen als den von Juval Neeman. Er ist ein in der ganzen Welt hochgeschätzter Physiker, war Präsident der Universität Tel Aviv und gilt als geistiger Vater des Kanalprojektes (von der Mittelmeerküste bei Gaza zum Toten Meer; Zusatz des Obers.). Hatechijah setzte seinen Namen nicht ans Ende der Knesset-Liste, sondern an die Spitze, obwohl er kein Politiker ist. Er sagt, er sei bereit, für vier Jahre auf seine wissenschaftliche Arbeit zu verzichten, aber er hat auch Vorbehalte: Begeisterung für die ihm bevorstehende problematische Zeit kann er nicht empfinden. Sollte es der Partei nicht gelingen, mindestens 5 Abgeordnete zu stellen, so könnte er, wie er sagt, zu dem Schluß kommen, daß er in der Knesset nichts verloren hat, und deshalb seinen Rücktritt erwägen.[7] (…)
Das der (arabischen) Bevölkerung gegen ihren Willen aufgezwungene Regime stört Neeman nicht. Im Parteiprogramm seiner Bewegung heißt es, daß diejenigen Einwohner der (besetzten) Gebiete, die dies wünschen, an ihren Wohnorten verbleiben können, falls sie "den Treueid auf die Fahne" ablegen oder wenigstens mit ihrer Unterschrift versichern, "den Staat und seine Gesetze anzuerkennen". Die anderen werden, laut Parteiprogramm, emigrieren: "All denen, die ein Leben in einem jüdisch-zionistischen Staat für absolut nicht wünschenswert halten, soll die Auswanderung ermöglicht und von einer zu schaffenden offiziellen Behörde Unterstützung gewährt werden