Klartexte 5: Hoffen auf den doppelten Holocaust, Teil I
Hoffen auf den doppelten Holocaust
1. Teil
Texte zur Fortschaffung der Palästinenser aus Palästina
1982 Helmut Spehl Freiburg
Vorwort
Damit das Europa der Zehn noch rechtzeitig und in ernstzunehmender Weise der Kriegstreiberei im Nahen Osten Paroli bieten könnte, müßte zu viel, von zu vielen Leuten, in zu kurzer Zeit verstanden werden. Nach allen demokratischen und okkulten Regeln der politischen Kunst ist ein solcher Lernprozeß ein so hochgradig unwahrscheinliches Ereignis, daß man die Feder weglegen und den Dingen ihren unkommentierten Lauf lassen möchte. Die demokratischen Blockierungsmechanismen, die im innenpolitischen Bereich jede Willkürentfaltung und Machtballung erschweren, sind eben fatalerweise die gleichen, die einem zu allem entschlossenen Polit-Abenteurer in der Nachbarwelt zum Katastrophenentscheidenden Vorsprung verhelfen. Demokratische Regelmechanismen funktionieren leidlich in eingespielter Richtung; der Umschaltung in die andere Gangart setzen sie beträchtlichen Widerstand entgegen. Sie sind träge und laufen lange leer, ehe sie wieder greifen. Die Myriaden Schalthebelchen im aufgesplitterten Machtgefüge umzulegen, ist die Arbeit eines Sisyphus mit Tausend linken Händen und Tausend zurückgebliebenen Köpfen, die sich endlos uneins über die Richtung sind, in der der Stein nun rollen soll. Und deshalb geraten Demokratien beim hegemonialen Schweinsgalopp anfänglich stets ins Hintertreffen.
Dazu kommt, im aktuellen Fall, das große Israel-Syndrom, dem wir an natürlichen Abwehrkräften vollends nichts entgegenzusetzen vermögen. Die systembedingte Trägheit wird zur systemgefährdenden Lähmung. Von der Wiege bis zur Bahre – Formulare und Kurare, möchte man unserer Generation ins Stammbuch schreiben. In einem Europa, in dem niemand sich über den Zustand automatischer Zwangshandlungen wundert, der beispielsweise eine Sendereihe: “Begegnungen mit dem Judentum” im Umfang von 200 Folgen hervorbringt, und nicht eine einzige über die palästinensischen Folgen, (so geschehen beim SÜDWESTFUNK Baden-Baden im Winter 1980/81); in einem Europa im Dauerzustand automatischer Zwangsunterlassung, in dem beispielsweise die “Gesellschaft für bedrohte Völker” alle nur erdenklichen kleinen Völker als irgendwie bedroht proklamiert und plakatiert, die Palästinenser ausgenommen, (so gesehen in Freiburg in diesen Tagen); bei einer derart massiven Bewußtseinsverweigerung ist in puncto europäischer Nahostpolitik noch für geraume Zeit nichts anderes zu erwarten, als das gelegentliche Herunter- und Gesundbeten jenes gemeinsamen Kommunique
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