Mit Gaddafi starb ganz Libyen
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Mit Gaddafi starb ganz Libyen
Libyen. „Wir vermissen Dich, Oberst Gaddafi! Der Aufschrei des gequälten libyschen Volkes“, so lautet die Überschrift eines Artikels acht Jahre nach Gaddafis Tod.
Angelika Gutsche 26.02.2019
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Wie die Bevölkerung erkennen musste, ist nach Gaddafi nicht nur nichts besser, sondern alles viel schlechter geworden. Das Land leidet nicht nur unter dem x-fachen Anstieg der Lebenshaltungskosten, dem Zusammenbruch der medizinischen Versorgung, dem Aufkommen des IS, der um sich greifenden Korruption und ständigen Stromausfällen, sondern es werden auch keine Gehälter mehr bezahlt. So kämpft jeder Libyer um das tägliche Überleben. Dazu ein Libyer im AfricanExponent[1]: „Diese Probleme hatten wir unter Gaddafi nie. Es gab immer Geld und Strom. Die Leute verdienten zwar nicht so viel, aber dafür war alles billig und das Leben war einfach.“
Auch die DailyMail [2] hat acht Jahre nach der sogenannten ‚Revolution‘ im Februar 2011 libysche Stimmen zur Situation im Land eingefangen. Stellvertretend für viele Libyer wird der 31-jährigen Mahommed aus Mursuk mit den Worten zitiert: „Ich war von Anfang an bei der Revolution dabei und habe gegen Gaddafi gekämpft. Vor 2011 habe ich Gaddafi über alles gehasst. Aber jetzt ist das Leben um so vieles härter. Nun bin ich der größte Anhänger von Gaddafi geworden.“ Und der Taxifahrer Mahmoud fügt hinzu: „Libyen war vorher viel besser.“
Ein anderer enttäuschter Libyer meint: „Wir hatten seit 2011 sieben Regierungen und was haben sie erreicht? Einzig neue Mülltonnen haben wir bekommen. Eine der bisherigen Regierungen hat sie in ganz Tripolis anbringen lassen. Wir deuten lachend auf die Mülltonnen, auf die einzige Errungenschaft, die uns die Revolution gebracht hat.“
Der politische Aktivist Fadiel sagte der Dailymail, dass “es besser werden sollte als zu Gaddafis Zeiten“, aber es blieb nur „das Chaos und alle bekämpfen sich gegenseitig. Es ist ein einziges großes Durcheinander.“
Der ehemalige Diplomat Abdusalem sagt: „Libyen ist mit Gaddafi gestorben. Wir sind keine Nation mehr, wir sind nur noch kriegführende Stammesgruppen, Städte und Gemeinden. Früher gab es nur einen Gaddafi, aber jetzt haben wir sechs Millionen kleine Gaddafis. Die sogenannte Revolution war Lüge, alles Lügen. Wir Libyer wussten nicht einmal, was das Wort Revolution bedeutet. Wir wurden 42 Jahre lang von Gaddafi behütet. Es war keine libysche Revolution, es war die Revolution der NATO, weil sie Gaddafi loswerden wollte.“
Und Salem, ein 26-jähriger Medizinstudent aus Tripolis, meint: „Seit 2011 wurden weit mehr Menschen getötet als während der Revolution und der 42 Jahre dauernden Gaddafi-Herrschaft zusammengenommen.“
Ein Jugendlicher: „Ich möchte diesem Chaos entfliehen und im Ausland studieren, aber ich warte schon ein Jahr auf einen neuen Reisepass. Und selbst wenn ich ihn bekomme, wird es schwierig sein, ein Visum zu erhalten, da alle Botschaften in Tripolis geschlossen sind. Ich fühle mich jetzt wie ein Gefangener in meinem eigenen Land. Ich fange an, mein eigenes Land zu hassen.“
Sara, 50, sagt: „Ich bin [früher] auch noch um Mitternacht allein ohne Angst nach Hause gegangen. Aber jetzt gehe ich nicht gern allein nach Einbruch der Dunkelheit nach draußen. Ich fühle mich nicht sicher.“
Die Klagen der Libyer darüber, was aus ihrem einst blühenden Land geworden ist, ließen sich endlos fortsetzen. Die meisten Libyer wünschen sich für ihre geschundene Heimat inzwischen nur noch Frieden und stabile politische Zustände.