Mythos und Realität der Terrorgefahr
von Elias Davidsson (2012)
Das behaupten die Regierenden
Der Sicherheitsrat der Vereinigten Nationen bezeichnete in seinem Beschluss S/RES/1566 vom 8. Oktober 2004 den Terrorismus als „eine der größten Bedrohungen für den Frieden und die Sicherheit.“
Der EU-Koordinator zur Terrorbekämpfung, Walter Posch: „Prinzipiell hat es für den EU-Raum immer eine terroristische Bedrohung gegeben, in den letzten Jahren hat die Bedrohung durch religiöse Extremisten aus dem Nahen und Mittleren Osten aber zugenommen. Seit dem 11. September 2001 ist alles vorstellbar.“ (Quelle: tagesschau.de, 7.7.2005)
Edmund Stoiber, Bayrische Ministerpräsident: „Wer glaubet, die Bundesrepublik sei wegen der Ablehnung einer Teilnahme am Irak-Krieg vor Anschlägen gefeit, der irret sich. »Es wird auch in Deutschland einen Anschlag geben«, sagte Stoiber auf einer Wahlkampfkundgebung in Friedrichshafen am Bodensee. »Wir wissen nur nicht wann und wo, und deswegen müssen wir uns anders wappnen.«“ (Quelle, Der Spiegel, 4.8.2005)
Gilles de Kerchove, Anti-Terror-Beauftragter der Europäischen Union: „Islamisten planten Anschläge in Deutschland, in den Niederlanden gab es Festnahmen, in Dänemark, Barcelona ist ebenfalls nur knapp einer Anschlagserie entgangen. Viele dieser Terroristen haben Verbindungen nach Pakistan.“ (Quelle: Der Westen, Portal der WAZ Mediengruppe, 29.5.2008)
Wolfgang Schäuble, Innenminister: „Wir sind im Fokus des internationalen Terrorismus.“ (Quelle: Stern, 26.9.2008)
Angela Merkel, Bundeskanzlerin, warnt vor einer „realen Gefährdung“ durch Terroristen (Quelle: Der Spiegel, 20.11.2010)
Thomas de Maizière, Bundesinnenminister: „Ihnen ist bekannt, dass die Bundessicherheitsbehörden seit geraumer Zeit von einer stärkeren Bedrohungslage durch den internationalen Terrorismus ausgehen.“ (Quelle: Ministerium des Inneren, 17.11.2010) Es gebe „Hinweise eines ausländischen Partners, nach denen Ende November mutmaßliche Anschlagsvorhaben umgesetzt werden“. Es gebe aber auch „eigene Erkenntnisse“ über „Bestrebungen islamistischer Gruppen zu Anschlagsplanungen in der Bundesrepublik“ (Quelle: Bild, 10.2.2011)
Das ist die Realität
Die folgende Statistik über Todesopfer des Terrorismus beruht auf der Global Terrorism Database:
Anzahl Zahl der Todesopfer des Terrorismus in West-Europa
Land/Jahr | 2001 | 2002 | 2003 | 2004 | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | Insgesamt |
Österreich | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Belgien | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Denmark | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Finnland | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Frankreich | 2 | 6 | 2 | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 12 |
Deutschland | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Griechenland | 0 | 0 | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 2 |
Irland | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Island | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Italien | 0 | 0 | 0 | 2 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 2 |
Luxemburg | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Holland | 0 | 1** | 0 | 1** | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | (2) |
Norwegen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Schweden | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Portugal | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Spanien | 16 | 7 | 4 | 191* | 0 | 0 | 2 | 14 | 3 | 0 | (237)**** |
Großbritannien u. N.Irland | 9*** | 4*** | 1*** | 0 | 56* | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | (70) |
Schweiz | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Insgesamt | 27 | 18 | 8 | 195* | 56* | 0 | 2 | 14 | 3 | 2 | (325) |
* Ob die Anschläge in Madrid am 11. März 2004 und in London am 7. Juli 2005 tatsächlich von Islamisten begangen oder von Geheimdiensten inszeniert wurden, sei dahingestellt.
** Diese Anschläge sollten als einfache Morde, und nicht als Terroranschläge klassifiziert werden.
*** Da der Konflikt in Nord-Irland gelöst ist, wird nicht mehr mit Terroranschlägen in Nord-Irland gerechnet.
****Die meisten Terroranschläge in Spanien sind baskischen Separatisten zugeschrieben.
Seit Adam und Eva bis zum Jahre 2010 starb in Deutschland durch „islamistischen Terrorismus“ weniger als eine Person, sprich: gar keine. Im Jahre 2011 ist die Opferstatistik des „islamistischen Terrors“ in Deutschland von null auf zwei gestiegen.
Wer versucht, Zahlen über Terroropfer in den zahlreichen Berichten von Bundesbehörden, der EU oder der UNO zu finden, wird vergeblich suchen. Solche Zahlen sind in keinem Bericht enthalten. Das mag merkwürdig erscheinen, denn um das Ausmaß einer beschworenen Gefahr zu belegen, sollte eine öffentliche Instanz, die von unseren Steuergeldern lebt, zumindest konkrete Beweise vorlegen. Solche Zahlenkolonnen gibt es in Hülle und Fülle in Berichten über Armut, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Kriminalität – aber nicht in Berichten über die Terrorgefahr. Wieso nicht? Siehe Tabelle.
Auf schriftliche Anfrage beim Counter-Terrorism Committee (CTC) des Sicherheitsrats der UNO wurde mir erklärt, der Ausschuss besitze keine Statistik über das Ausmaß des internationalen Terrorismus! Die Gefahr des internationalen Terrorismus wäre zwar enorm, aber man wisse nicht ober sie existiere.
Laut Kriminalstatistik werden in der Bundesrepublik jährlich 600-700 Morde begangen. Etwa ein Viertel aller Mordtaten wird von Familienmitgliedern des Opfers begangen. Sollte nun der Sicherheitsrat den Krieg gegen die Familie erklären? Das wäre immerhin logischer als der Krieg gegen Terrorismus. Sogar die Wahrscheinlichkeit von einem Blitzschlag erschlagen ist erheblich höher als von Terroristen ermordert zu sein: Laut Kölner Stadt-Anzeiger vom 27. August 2015 sterben in Deutschland jährlich zehn Menschen durch Blitze. Einige Tage später berichtete die junge Welt (1. September 2015), dass bei über vier Millionen Abgleichen von Visumsantragstellern mit der ‘Antiterrordatei’ in den vergangenen beiden Jahren, das System nur in sieben Fällen Alarm schlug, wie aus der Regierungsantwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken hervorging. Auf die Frage, welche Gefahr die sieben Betroffenen für wen oder was eigentlich darstellten, habe die Bundesregierung keine Auskunft gegeben.
Der Krieg gegen der fiktiven Terrorgefahr ist in der Tat ein psychologischer Krieg gegen die Bevölkerung.
Der Terrormythos als Volksverhetzung und politische Ablenkung
Es ist verlockend, sich über die Terrorpropaganda der Behörden lustig zu machen. Für Muslime in Deutschland ist diese Propaganda allerdings kein Witz. Sie sind unmittelbar von dieser Volksverhetzung betroffen: als Muslime stehen sie schon unter Generalverdacht. Und einige von ihnen wurden mit der Beihilfe trotz Vorliegens von Erkenntnissen der staatlichern Instanzen ermordet.
Weshalb wird der Terrormythos vom Staat verbreitet? Diese aufdringliche Propaganda – wie derzeit die von den Nazis verbreiteten Mythos einer jüdischen Weltverschwörung – ist eine Ablenkungsstrategie. Zielscheibe der Propaganda sind wir alle. Sie dient zur Legitimierung von Angriffskriegen und Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Sie dient auch zur Einschüchterung der Bevölkerung, zur Stärkung des Überwachungsapparats und zur Begründung immer weitreichenderer Befugnisse von Polizei und Geheimdiensten, sprich: sie führt zur Beschneidung unserer Freiheitsrechte und zur Beschädigung der Grundlagen von Rechtsstaat und Demokratie. Und wir bezahlen für diese Maßnahmen.
Es obliegt demokratischen BürgerInnen, den Mythos des islamistischen Terrorismus als Täuschung zu entlarven und seine Propagandisten als Betrüger beim Namen zu nennen, anstatt auf die gravierenden Folgen – Verkürzung unserer Freiheitsrechte und Abbau unseres Rechtsstaats – zu warten und untätig hinzunehmen.