Profiteure der Pandemie
Profiteure der Pandemie
Die US-Milliardäre haben allein in den vergangenen Wochen mehr Vermögen angehäuft, als das, was sie bis 1980 besaßen.
von Alan MacLeod 30. Mai 2020
Corona — der Seuchen-Hype, der Millionen von Menschen in Armut, Verzweiflung und Unfreiheit getrieben hat, erweist sich für eine kleine Minderheit als Glücksgriff. Es sind jene, die es schon immer verstanden haben, das Stroh in den Köpfen der Bürger zu Gold zu spinnen. Die Corona-Krise bietet für Milliardäre nicht nur enorme Chancen auf weitere Bereicherung — sie versteckt diesen skandalösen Raubzug auch hinter den beängstigenden Zahlenkolonnen der Virologen und Politiker. Die Menschen bemerken nicht, wie sie hintergangen werden und glauben ihren Regierungen das Märchen von Anstand und Zusammenhalt.
Das Institute for Policy Studies stellte in einem neuen Bericht fest, dass Amerikas ultrareiche Elite einen Anstieg ihrer Vermögenswerte um 282 Milliarden Dollar in nur 23 Tagen verzeichnet, während mehrere zehn Millionen Amerikaner im Verlaufe der Coronavirus-Pandemie ihren Arbeitsplatz verloren haben. Das geschah trotz der Tatsache, dass in diesem Quartal ein Wirtschaftsrückgang von 40 Prozent erwartet wird.
In dem Bericht wird zudem angemerkt, dass die steuerlichen Verpflichtungen der amerikanischen Milliardäre zwischen 1980 und 2020 um 79 Prozent, bezogen auf den Vermögensstand, gesunken sind. Die Vermögen der US-Milliardäre sind in den vergangenen 30 Jahren um mehr als 1100 Prozent in die Höhe geschossen, während der Median der Haushaltsvermögen nur um spärliche 5 Prozent wuchs. Im Jahr 1990 beliefen sich die gesamten Vermögenswerte der amerikanischen Milliardärsklasse auf 240 Milliarden US-Dollar; heute steht diese Zahl bei 2,95 Billionen Dollar. Somit haben die Milliardäre Amerikas allein in den vergangenen drei Wochen mehr Vermögen angehäuft, als sie insgesamt vor 1980 hatten.
Demzufolge besitzen gerade einmal drei Menschen — Amazon-Geschäftsführer Jeff Bezos, Microsoft-Mitgründer Bill Gates und der Berkshire-Hathaway-Vorsitzende Warren Buffet — so viel wie die untere Hälfte aller US-Haushalte zusammen.
Der Bericht des Institute for Policy Studies zeichnet das Bild einer Oligarchie der Moderne, in der die Superreichen legislative und exekutive Macht übernommen haben und kontrollieren, welche Gesetze verabschiedet werden. Im Bericht wird diskutiert, was dort als neue „Industrie zur Verteidigung des Reichtums“ bezeichnet wird — dass Milliardäre Millionen dafür bezahlen, um Milliarden an Steuern zu umgehen, mit Teams aus Steuerberatern, Anwälten, Lobbyisten und Vermögensverwaltern, die ihnen dabei helfen, ihren enormen Reichtum in Steueroasen und sogenannten gemeinnützigen Stiftungen zu verbergen.
Das hat kaputt gesparte Sozialprogramme, einen Rückgang des Lebensstandards und sogar ein anhaltendes Absinken der Lebenserwartung zur Folge — etwas, das im Lauf der Geschichte selten außerhalb von schweren Kriegszeiten oder Hungersnöten zu beobachten ist. Nur wenige Amerikaner glauben, dass es ihre Kinder einmal besser haben werden als sie. Die Statistik gibt ihnen Recht.
Mit theatralischer Geste spenden Milliardäre einen Bruchteil dessen, was sie früher an Steuern zu zahlen hatten, und sorgen dafür, dabei ein Maximum an Aufmerksamkeit zu erzeugen. Ebenso sichern sie sich positive Berichterstattung, indem sie einspringen, um einflussreiche Nachrichtenunternehmen finanziell über Wasser zu halten. Eine MintPress-Untersuchung vom Dezember zeigt, dass Gates über 9 Millionen Dollar an The Guardian, über 3 Millionen an NBC Universal, über 4,5 Millionen an NPR, eine Million an Al-Jazeera und atemberaubende 49 Millionen an das Media-Action-Programm der BBC gespendet hat. Andere, wie etwa Bezos, ziehen es vor, Nachrichtenunternehmen einfach kurzerhand aufzukaufen, was deren redaktionelle Haltung in eine unhinterfragte Loyalität zu ihren neuen Eigentümern verwandelt.
Die Steigerung des Milliardärsvermögens geschieht inmitten eines noch nie dagewesenen Wirtschaftscrashs. 26,5 Millionen Amerikaner haben sich in den letzten fünf Wochen arbeitslos gemeldet; es wird erwartet, dass diese Zahl weiterhin drastisch ansteigt. Während die Superreichen sich in ihren Villen und Jachten verkriechen, müssen die 49 bis 62 Millionen Amerikaner, die als „systemrelevante Arbeitskräfte“ bezeichnet werden, weiterhin ihr Leben riskieren, um die Gesellschaft funktionsfähig zu halten, selbst wenn viele von ihnen nicht einmal so viel verdienen wie die vom CARES-Gesetz vorgesehene wöchentliche 600-Dollar-Zulage zum Arbeitslosengeld.
Viele Beschäftigte im Niedriglohnbereich, wie etwa Angestellte von Supermärkten, sind bereits erkrankt oder gestorben. Die Mutter einer 27-jährigen Angestellten aus Maryland, die sich mit COVID-19 ansteckte, empfing den letzten Gehaltsscheck ihrer Tochter. Er belief sich auf 20,64 US-Dollar.
Auch die unmittelbar von Bezos beschäftigten Mitarbeiter von Amazon riskieren ihr Leben für einen erbärmlichen Lohn. Ein Drittel aller Amazon-Angestellten in Arizona ist beispielsweise beim Programm für Lebensmittelmarken registriert, da ihre Löhne so niedrig sind, dass sie nicht genug Geld fürs Essen haben.
Der enorme Unterschied der Auswirkungen von COVID-19 auf die Superreichen im Gegensatz zum Rest von uns ließ viele zu dem Schluss kommen, dass der Reichtum der Milliardäre und die Armut der übrigen Welt zwei Seiten ein und derselben Medaille sind: dass die Ursache, warum Vollzeit arbeitende Menschen sich dennoch kein Haus oder nicht einmal genug Essen leisten können, dieselbe ist, weswegen Leute wie Bezos mehr Vermögen kontrollieren als viele Länder. Bezos‘ Lösung des Hungerproblems seiner Angestellten war es, eine Wohltätigkeitsorganisation zu gründen und öffentliche Spendengelder einzufordern, um damit seinen verzweifelten Angestellten zu helfen.
Die Mehrheit der Millenials, die zumeist davon ausgeschlossen sind, den amerikanischen Traum zu verwirklichen, zieht den Sozialismus inzwischen dem Kapitalismus vor und hegt düstere Ansichten zu letzterem.
Die neueste Nachricht, dass die Milliardärsklasse sich in einer Zeit ernsthaften wirtschaftlichen Leidens auf dem Weg zur Bank ins Fäustchen lacht, macht es unwahrscheinlich, diese Stimmung zu verbessern.