Sicherheitsrat beschließt Krieg gegen Mali
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15.10.2012 / Ansichten / Seite 8Inhalt
Der nächste Krieg
Sicherheitsrat beschließt Einsatz in Mali
Von Simon Loidl
Europas Eliten befinden sich im Freudentaumel über die Verleihung des Friedensnobelpreises. Daß die Union sechs Jahrzehnte lang für Frieden gesorgt habe, hält schon einem kurzen Blick in die Geschichtsbücher nicht stand. Jugoslawien, Afghanistan, EU-Außengrenzen, Côte d’Ivoire oder Libyen sind nur einige der Einsatzgebiete der europäischen Militärmaschinerie während der vergangenen Jahre. Diese Einsätze brachten vor allem Tod und Zerstörung und niemals Frieden oder die Lösung von Konflikten.
Und noch während die Verleihung gefeiert wird, fällt das Startsignal für den nächsten Krieg. Mit Mali gerät nach Côte d’Ivoire und Libyen zum dritten Mal innerhalb kürzester Zeit ein afrikanisches Land ins Visier der von französischen Interessen vorangetriebenen Interventionslust der Europäer. Und erneut mißbrauchen die Kriegstreiber die Vereinten Nationen als Instrument für die Militarisierung eines Konfliktes, der selbst nur das Resultat vorhergehender Interventionen ist. Die jetzige Situation im Norden Malis ist ein Ergebnis des Angriffs auf Libyen. Bereits damals hatten Kenner der Region vor einer Destabilisierung der gesamten Sahel-Zone gewarnt. Was dann innerhalb nur weniger Monate passierte, überraschte selbst die Experten. Dem Aufstand der Tuareg, von denen Tausende in libyschem Militärdienst gestanden hatten, wurde durch einen Militärputsch in Mali der Weg zum Erfolg geebnet. Ironischerweise war der Staatstreich wegen des angeblich zu laschen Vorgehen des damaligen Präsidenten Amadou Toumani Touré gegen die Aufständischen ausgelöst worden. Daß sich die Kräfteverhältnisse in den eroberten Gebieten rasch zugunsten islamistischer Gruppen verschieben würden, war zu befürchten gewesen, seit die ersten Berichte von der Zusammenarbeit der eher säkular ausgerichteten, aus Libyen zurückgekehrten Tuareg mit den im Norden Malis operierenden Fundamentalisten bekannt wurden.
Der Radikalisierungsprozeß einiger in der Region seit Jahrzehnten um Autonomie Kämpfenden ist nicht zuletzt das Resultat der totalen Verweigerung ihrer Forderungen. Ein Friedensnobelpreisträger, der diese Auszeichnung verdient, hätte in diesem für das gesamte nördliche und westliche Afrika so zentralen Konflikt bereits seit Jahren diplomatisch und gewaltverhindernd wirksam werden können. Gerade Frankreich, das noch immer so großen Einfluß in der Region hat und nun Gewehr bei Fuß die Intervention gefordert hat, könnte diesen Einfluß auch jetzt noch zur friedlichen Lösung der zahlreichen ethnischen und religiösen Konflikte in der Region geltend machen. Diese sind unmittelbare Resultate der auch Jahrzehnte nach der Dekolonisierung noch bestehenden Ausbeutungsverhältnisse. Die Aufrechterhaltung dieser Verhältnisse entspricht wiederum europäischen Interessen und insofern ist die EU strukturell gar nicht in der Lage, zu einer Lösung der Konflikte in Mali und anderswo auf dem afrikanischen Kontinent konstruktiv beizutragen. Auch das hätte das Komitee in Oslo bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen.
15.10.2012 / Ansichten / Seite 8Inhalt
Der nächste Krieg
Sicherheitsrat beschließt Einsatz in Mali
Von Simon Loidl
Europas Eliten befinden sich im Freudentaumel über die Verleihung des Friedensnobelpreises. Daß die Union sechs Jahrzehnte lang für Frieden gesorgt habe, hält schon einem kurzen Blick in die Geschichtsbücher nicht stand. Jugoslawien, Afghanistan, EU-Außengrenzen, Côte d’Ivoire oder Libyen sind nur einige der Einsatzgebiete der europäischen Militärmaschinerie während der vergangenen Jahre. Diese Einsätze brachten vor allem Tod und Zerstörung und niemals Frieden oder die Lösung von Konflikten.
Und noch während die Verleihung gefeiert wird, fällt das Startsignal für den nächsten Krieg. Mit Mali gerät nach Côte d’Ivoire und Libyen zum dritten Mal innerhalb kürzester Zeit ein afrikanisches Land ins Visier der von französischen Interessen vorangetriebenen Interventionslust der Europäer. Und erneut mißbrauchen die Kriegstreiber die Vereinten Nationen als Instrument für die Militarisierung eines Konfliktes, der selbst nur das Resultat vorhergehender Interventionen ist. Die jetzige Situation im Norden Malis ist ein Ergebnis des Angriffs auf Libyen. Bereits damals hatten Kenner der Region vor einer Destabilisierung der gesamten Sahel-Zone gewarnt. Was dann innerhalb nur weniger Monate passierte, überraschte selbst die Experten. Dem Aufstand der Tuareg, von denen Tausende in libyschem Militärdienst gestanden hatten, wurde durch einen Militärputsch in Mali der Weg zum Erfolg geebnet. Ironischerweise war der Staatstreich wegen des angeblich zu laschen Vorgehen des damaligen Präsidenten Amadou Toumani Touré gegen die Aufständischen ausgelöst worden. Daß sich die Kräfteverhältnisse in den eroberten Gebieten rasch zugunsten islamistischer Gruppen verschieben würden, war zu befürchten gewesen, seit die ersten Berichte von der Zusammenarbeit der eher säkular ausgerichteten, aus Libyen zurückgekehrten Tuareg mit den im Norden Malis operierenden Fundamentalisten bekannt wurden.
Der Radikalisierungsprozeß einiger in der Region seit Jahrzehnten um Autonomie Kämpfenden ist nicht zuletzt das Resultat der totalen Verweigerung ihrer Forderungen. Ein Friedensnobelpreisträger, der diese Auszeichnung verdient, hätte in diesem für das gesamte nördliche und westliche Afrika so zentralen Konflikt bereits seit Jahren diplomatisch und gewaltverhindernd wirksam werden können. Gerade Frankreich, das noch immer so großen Einfluß in der Region hat und nun Gewehr bei Fuß die Intervention gefordert hat, könnte diesen Einfluß auch jetzt noch zur friedlichen Lösung der zahlreichen ethnischen und religiösen Konflikte in der Region geltend machen. Diese sind unmittelbare Resultate der auch Jahrzehnte nach der Dekolonisierung noch bestehenden Ausbeutungsverhältnisse. Die Aufrechterhaltung dieser Verhältnisse entspricht wiederum europäischen Interessen und insofern ist die EU strukturell gar nicht in der Lage, zu einer Lösung der Konflikte in Mali und anderswo auf dem afrikanischen Kontinent konstruktiv beizutragen. Auch das hätte das Komitee in Oslo bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen.