Israel berät Gesetz, das Foto- und Videoaufnahmen von Menschenrechtsverletzungen durch Soldaten unter Strafe stellt
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Israel berät Gesetz, das Foto- und Videoaufnahmen von Menschenrechtsverletzungen durch Soldaten unter Strafe stellt
(PN) 26.05.18 – Das israelische Parlament, die Knesset, wird am morgigen Sonntag über einen Gesetzesentwurf beraten, der zukünftig das Fotografieren und Filmen von israelischen Soldaten bei ihren Einsätzen unter Strafe stellt, wenn damit beabsichtigt ist, die Soldaten in ein schlechtes Licht zu rücken. Explizit richtet sich das Gesetz gegen israelische Menschenrechtsorganisationen, die regelmäßig Verbrechen israelischer Soldaten dokumentieren.
Eingebracht hatte das Gesetz am Donnerstag der Vorsitzende des Yisrael Beiteinu Blocks in der Knesset, Robert Ilatov, mit Unterstützung seines Parteivorsitzenden, dem rechten israelischen Verteidigungsminister, Avigdor Lieberman.
Unter dem Titel „Verbot des Fotografierens und Dokumentierens von IDF Soldaten“ (IDF steht für Israel Defence Force) sieht das Gesetz erhebliche Strafen bei Verstößen vor. Wörtlich heißt es im Gesetzesentwurf:
„Jeder, der Soldaten während ihres Einsatzes filmt, fotografiert und/oder aufnimmt in der Absicht, die Moral der IDF Soldaten und der Bewohner Israels zu untergraben, wird mit fünf Jahren Haft bestraft. Jeder der die Absicht hat, die staatliche Sicherheit zu gefährden, wird mit zehn Jahren Haft bestraft.“
Das Gesetz verbietet darüber hinaus auch die Verbreitung von Fotos oder Aufnahmen in Sozialen Medien und etablierten Medien.
Der Abgeordnete Ilatov sagte, der Gesetzentwurf sei als Antwort gedacht auf die „Belästigung von IDF Soldaten durch linke Organisationen, während die Soldaten gewalttätige Demonstrationen der Hamas an der Grenze zu Gaza auflösten“. Organisationsmitglieder hätten Soldaten angegriffen, die Grenzübergänge sperrten, und hätten Soldaten als „Terroristen“ bezeichnet und ihnen Kriegsverbrechen vorgeworfen.
In der Erläuterung zum Gesetzesentwurf wird israelischen Medien zufolge als Begründung für die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes ausgeführt: „Viele Jahre lang hat der Staat Israel das beunruhigende Phänomen beobachtet, dass [das Verhalten von] IDF Soldaten dokumentiert wurde. Dies erfolgte mittels Videos, Fotos und Audioaufnahmen durch anti-israelische und pro-palästinensische Organisationen wie B’Tselem, MachsomWatch Women, Breaking the Silence und verschiedenen BDS Organisationen. In vielen Fällen verbrachten die Organisationen ganze Tage in der Nähe von IDF Soldaten, ungeduldig auf Aktivitäten wartend, die in voreingenommener und tendenziöser Weise präsentiert werden können – um die Soldaten dadurch zu blamieren.“
Derartiges Dokumentieren würde in der Regel zur Behinderung der operativen Aktivitäten der IDF Soldaten führen, es würden lautstark Vorwürfe geäußert oder Beleidigungen gegen die Soldaten ausgesprochen. Die meisten dieser Organisationen, so der Begründungstext des Gesetzentwurfes, würden durch Regierungen „mit einer klaren Anti-Israel-Agenda“ unterstützt, die sich dieses Vorgehen zunutze machten, „um den Staat Israel und seine Sicherheit zu gefährden“.
Weiter heißt es: „Es ist an der Zeit, dieser Absurdität ein Ende zu bereiten. Und es ist unbegreiflich, dass jeder linke Aktivist oder jede linke Organisation, die von ausländischen Regierungen unterstützt wird, freien Zugang zum ungehinderten Dokumentieren von IDF Soldaten während der Ausübung ihre Dienstes haben sollte. Wir haben die Verantwortung, den IDF Soldaten optimale Bedingungen für die Ausübung ihrer Pflichten zu bieten, ohne uns Sorgen machen zu müssen, das ein Linker oder eine Organisation Bilder veröffentlichen könnte, die die Soldaten beschämen und blamieren.“
Der Palästinensische Journalistenverband verurteilte am Samstag den Gesetzesentwurf. Dieses Gesetz, so die Journalistenvertreter, würde es der israelischen Armee ermöglichen, mehr Verbrechen zu begehen, ohne dass die Möglichkeit bestünde, diese zu dokumentieren.
Tatsächlich stellt dieses Gesetz, sollte es die Knesset passieren, die schärfste Zensur von Presse und Menschenrechtsaktivisten in Israel dar. Eine Berichterstattung über das Verhalten israelischer Soldaten und möglicher Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen, angefangen von Schikanen bis hin zu extralegalen Hinrichtungen, wäre damit israelischen Menschenrechtsorganisationen wie B’Tselem nicht mehr möglich. Und Journalisten, die, wie bei den Demonstrationen in Gaza, über illegale Tötungen unbewaffneter Zivilisten durch israelische Scharfschützen berichteten, würden zukünftig mindestens fünf Jahre Haft riskieren.
Die Haltung der israelischen Regierung zu einer kritischen Presse ist bekannt: Kritik an dem Vorgehen der Armee lehnt die Regierung ab und stellt Journalisten in die Nähe von Terroristen, verhaftet sie willkürlich oder – wie in zwei Fällen in den letzten Wochen im Gazastreifen geschehen – erschießt sie, obwohl diese deutlich mit PRESSE-Schutzwesten als Journalisten zu erkennen waren. Mindestens 137 Journalisten wurden in den letzten Wochen durch Angriffe israelischer Soldaten bei den Demonstrationen im Gazastreifen verletzt, 30 davon durch Beschuss mit scharfer Munition. Mit dem neuen Gesetz könnte die israelische Regierung schon im Vorfeld erreichen, dass sich Journalisten gar nicht mehr trauen, über Gewalt von israelischen Soldaten zu berichten.