Untersuchtung in Beit Jala
Untersuchung in Beit Jala
Übersetzung aus JEDIOTH AHARONOTH (Tel Aviv), 3. Mai 1978
Ausschnitte aus einem Artikel von Eitan Haber
(…) Der Israel-Korrespondent von TIME-Magazin, Donald Neff, hörte von der Sache, ging nach Beit Jala und fragte die verletzten Schüler aus. Sein Artikel über die Affäre wurde in seinem Magazin an bevorzugter Stelle veröffentlicht.
Diese Publikation löste großes Unbehagen aus. Der Armee-Sprecher erhielt aus dem Büro des Ministerpräsidenten einen Anruf mit der Forderung: "Die Geschichte muß dementiert werden – sofort!"
Am 2. April 1978 war der Armee-Sprecher, I. Golan, bei Dan Patir, dem Berater für Kommunikationsfragen im Büro des Ministerpräsidenten. Anschließend traf er mit Brigadegeneral David Hagoel zusammen, dem Militärgouverneur der Westbank. Dabei arbeiteten die beiden eine detaillierte Verlautbarung aus, um die "boshafte Veröffentlichung" von TIME zu dementieren. Sie brauchten dazu zwei Stunden. Während der Unterredung sagte Golan: "Juky (ein Spitzname von Hagoel), wenn Du auch nur den leisesten Zweifel an der Sache mit den Gasgranaten hast, werden wir das Dementi nicht bringen." Worauf Hagoel antwortete: "Soll das ein Witz sein?"
Und so wurde das Dementi, nachdem es General Orly, dem Koordinator für Fragen der (besetzten) Gebiete vorgelesen worden war, schließlich publiziert.
Das hätte das Ende der Affäre sein können, hätte der Korrespondent von HA’ARETZ, Yehuda Litani, sich nicht entschlossen, der Sache nachzugehen. Er ging nach Beit Jala, besuchte verletzte Schüler, und schrieb in HA’ARETZ darüber.
Verteidigungsminister Weizman wurde wütend als er lesen mußte, daß Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Armee-Sprechers angebracht sind. "Ich möchte sämtliche Details der Affäre wissen", sagte er zu seinen Beratern, "und ich verlange eine umfassende Untersuchung." Der Verteidigungsminister wollte genau wissen, wo die Granaten geworfen wurden: im Hof, in den Korridoren, oder in den Klassenzimmern. Die Berichte, die er bekommen hatte, waren seiner Meinung nach "getrickst".
Der Minister hatte den Verdacht, daß man ihm keine wahrheitsgetreuen Berichte liefert. Er bestand auf einer gesonderten Untersuchung, und Moshe Levi (ein Offizier, der nicht in der Verwaltung der besetzten Gebiete beschäftigt ist) wurde beauftragt, die Sache zu untersuchen.
Dabei kam heraus, daß die Granaten in die Klassenzimmer geworfen worden waren, und daß der zuständige Offizier nicht nach den bestehenden Vorschriften gehandelt hatte.
Die Ermittlungsergebnisse gingen an die juristische Abteilung der Militärbehörde und von dort kam die Empfehlung, dem stellvertretenden Gouverneur des Bezirks Bethlehem, Major Nissim Cohen, einen Verweis zu erteilen.
An dieser Stelle griff das Hauptquartier der Militärverwaltung in der Westbank ein weiteres Mal ein. Es wurde eine Meldung publiziert, daß empfohlen worden sei, den Offizier, der sich über bestehende Vorschriften hinweggesetzt hatte, zu tadeln. Die Behauptung jedoch, daß Granaten in Klassenzimmer geworfen wurden, sei absolut unwahr.
Der Verteidigungsminister war äußerst ungehalten, als er diese Meldung in der gestrigen Presse las (4). Er sah dies als einen Versuch an, die ganze Affäre zu begraben. Er war bereits im Besitz der Information, daß Brigadegeneral Hagoel die tatsächlichen Umstände bereits am 30. März 78 kannte, aber am 2. April, beim Gespräch mit dem Armee-Sprecher, die Wahrheit verschwieg und auf dem falschen Dementi bestand.
Gestern Abend um 6 Uhr kam es zur letzten Untersuchung: Hagoel wurde zum Generalstabschef gerufen. Es konnte nachgewiesen werden, daß Hagoel vorgezogen hatte, eine andere Version zu vertreten, obwohl er die Wahrheit kannte. Der Generalstabschef unterrichtete den Verteidigungsminister, und es wurde auf der Stelle beschlossen, Brigadegeneral David Hagoel, der von den ersten Tagen an in der israelischen Armee gedient hat, seines Postens als Gouverneur der Westbank zu entheben.
Hagoel wurde zum Verteidigungsminister gerufen und hörte die harte Entscheidung. Beim Verlassen des Gebäudes sagte er zu Freunden: "Ich habe 30 Jahre lang in der israelischen Armee gedient! Zu dieser Sache habe ich noch etwas zu sagen!"
Am späten gestrigen Abend traf sich Hagoel mit Offizieren seines Stabes und legte ihnen seinen Standpunkt dar. In einer Radiosendung sagte er heute, er beabsichtige nicht, die Armee zu verlassen. Er werde innerhalb der Armee seine Antwort geben. "Solange ich in Uniform bin, werde ich mich öffentlich nicht äußern."…
Es sollte vielleicht hinzugefügt werden, daß diese Affäre bereits bestehende Spannungen zwischen dem Verteidigungsminister und den Militärbehörden der Westbank weiter verschärft hat. Der Verteidigungsminister befürwortet das von der Militärverwaltung praktizierte System nicht. Aber er hat seine Vorstellungen nur schrittweise durchgesetzt… Bereits vor mehreren Wochen wurde gesagt, daß Hagoel einverstanden ist, seinen Posten unverzüglich aufzugeben, falls ihm ein geeigneter anderer Posten angeboten wird (5).