Untersuchungsreihen in Beit Jala
Übersetzung aus TIME (New York), 3. April 1978
WESTBANK CRACKDOWN
Die Israelis haben immer versichert, daß ihre Herrschaft über die besetzten Gebiete von Wohlwollen geleitet ist. Derartige Behauptungen sind von den Arabern immer wieder in Zweifel gezogen worden, insbesondere von den nahezu 700 000 Palästinensern auf dem Westufer des Jordan. Während des Israelischen Einfalls in den Libanon (1) haben die Beschwerden von Arabern der Westbank über grobe Behandlung einen Höhepunkt erreicht. Einheiten der 2200 Mann starken Garnison schritten zu Verhaftungen und griffen zu anderen Maßnahmen, die offensichtlich darauf angelegt waren, jede Unruhe im Keim zu ersticken. Gewiß, es gab einige wenige Demonstrationen, aber die israelischen Schläge erfolgten willkürlich. "Man ist allgemein der Ansicht, daß es eine solche Art von Repression seit Jahren, wenn überhaupt, nicht mehr gegeben hat", sagte ein westlicher Diplomat.
Der vielleicht schlimmste Zwischenfall ereignete sich in Beit Jala (8200 Einwohner), 5 Meilen südlich von Jerusalem. Einwohner berichteten, daß letzte Woche ein etwa 50 Mann starkes Kommando mit Lastwagen auftauchte und eine Schule umstellte. Der Direktor der Schule, Louis Rabbo, beklagte sich, daß er von Soldaten "gewaltsam weggestoßen" wurde, als er protestieren wollte. Die Soldaten befahlen den minderjährigen Schülern, die Fenster zu schließen, und dann warfen sie Kanister mit amerikanischem CS-Antiriot-Gas in die überfüllten Klassenzimmer. Mohammed Azzeh, ein 13 Jahre alter Schüler, befand sich in seinem Klassenzimmer im zweiten Geschoß, als ein Soldat hereinkam, das Schließen der Fenster anordnete und hinzufügte: "Ihr braucht keine Angst zu haben". Dann gingen zwei CS-Kanister hoch. Die Schüler im zweiten Geschoß gerieten in derartige Panik, daß sie aus den 18 ft. hoch gelegenen Fenstern auf den felsigen Boden sprangen. Zehn der Schüler, darunter Azzeh, mußten mit Brüchen ins Krankenhaus gebracht werden. Nach Meinung des Direktors des örtlichen Krankenhauses werden einige ihr Leben lang Prothesen tragen müssen. Obwohl die Militärbehörden den Vorfall zunächst bestritten, wurde er Donald Neff, dem Chef des TIME-Büros in Jerusalem, von zahlreichen Einwohnern bestätigt. Neff berichtet, daß der durchdringende Gasgeruch noch zwei Tage nach dem Zwischenfall in einem der Klassenzimmer hing.
Im nahegelegenen Beit Sahur, wo sich nach Aussagen des Bürgermeisters ein ähnlicher Angriff ereignete, hatten die Schulkinder mehr Glück. Ihre Schule hat kein zweites Stockwerk, und deshalb wurde niemand verletzt, als die Schüler den Gasschwaden zu entkommen suchten (2)…