US Mordaktionen in Jemen, 2009
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08.06.2010 / Ausland / Seite 7
Barbarische Angriffe
US-Raketen und Streubomben gegen Zivilisten im Jemen. Dabei starben am 17. Dezember 2009 Dutzende Menschen
Von Karin Leukefeld
Bei Angriffen auf die Zivilbevölkerung im Jemen wurden US-Raketen und Streubomben eingesetzt. Das geht aus Fotos hervor, die Amnesty International am Montag in London veröffentlicht hat.
Die Bilder zeigen Überreste von Raketenteilen, die am 17. Dezember vergangenen Jahres bei einem Luftangriff auf ein angebliches Al-Qaida-Ausbildungslager bei Ma’jalah in der Provinz Abyan eingesetzt worden waren. Augenzeugenberichte belegten aber kurz darauf, daß bei dem Angriff einfache Wohnhäuser zerstört und Dutzende Zivilisten getötet worden waren, darunter Frauen und Kinder. Die offizielle Darstellung sprach damals von 34 getöteten Al-Qaida-Kämpfern. Sollten Frauen und Kinder unter den Toten gewesen sein, wäre es die Schuld der Al-Qaida-Kämpfer, die ihre Familien mit ins Trainingslager genommen hätten.
US-Medien berichteten wenige Tage später unter Berufung auf anonyme Regierungsquellen in Washington, daß Cruise Missile-Raketen bei diesem und weiteren Angriffen eingesetzt worden seien, angeblich auf Anordnung von Präsident Obama. Die jemenitische Armee wies die Darstellung zurück und erklärte, in Eigenregie gehandelt zu haben. Der Angriff habe erfolgreich eine Serie von Selbstmordanschlägen gegen ausländische und jemenitische Einrichtungen verhindert, acht Selbstmordattentäter, die ihre Sprengstoffgürtel angeblich schon präpariert hatten, seien getötet worden.
Nach Angabe von Amnesty International starben bei dem Angriff am 17.Dezember 55 Personen. 41 der Toten seien Zivilisten gewesen, darunter 14 Frauen und 21 Kinder. Die 14 weiteren Toten seien bis auf eine Person nicht identifiziert. Die von Amnesty vorgelegten Fotos belegen nun, daß es sich bei den eingesetzten Raketen um eine BGM-109D Tomahawk Cruise Missile gehandelt hat, die von einem Kriegsschiff oder U-Boot abgefeuert wird. Die Sprengladung bestehe aus 166 Streubomben, die nach der Explosion jeweils mehr als 200 scharfe Stahlteile herausschleuderten, die im Umkreis von 150 Metern zu schwersten Verletzungen führen könnten, so Amnesty. Ein hochentzündliches Material löse zudem schwere Brände aus. Ein weiteres Foto zeigt eine nicht explodierte Streubombe (BLU 97 A/B), die normalerweise von den genannten Cruise-Missile-Raketen transportiert wird. Amnesty International hält es für »unwahrscheinlich«, daß die jemenitischen Streitkräfte über solche Raketen verfügen. Eine Anfrage im Pentagon zur Aufklärung der Sachlage sei bisher nicht beantwortet worden. Weder die USA noch der Jemen haben die Konvention gegen Streubomben unterzeichnet, die am 1. August 2010 in Kraft treten soll.