Die israelische und saudische Beteiligung an den 9/11 – Buchbesprechung
Die mutmaßliche israelische und saudische Beteiligung an den 9/11 – Buchbesprechung
Elias Davidsson, 22. Oktober 2016
Wayne Madsen: “Der Stern und das Schwert: Die israelische und saudische Beteiligung an den 9/11-Anschlägen”, Kopp Verlag, 2015
Wertlose Schrift oder verdeckte Agenda?
Als Forscher und Autor über die Ereignisse des 9/11 (“Hijacking America’s Mind on 9/11”, Algora Publishers, New York, 2013), bin ich immer wieder auf Beiträge gestoßen,in denen behauptet wird, dass Israel, der Mossad, Zionisten oder pauschal “Juden” hinter den Anschlägen des 9/11 stünden. Es gibt tatsächlich zahlreiche Verbindungen zwischen Israel bzw. US-amerikanischen Juden und 9/11. Es gibt aber auch Verbindungen zwischen Saudi-Arabien, Pakistan, Deutschland usw. zu 9/11. So sollen z.B. drei der angeblichen Todespiloten des 9/11 in Deutschland studiert haben. Davon kann man aber keineswegs eine Beteiligung dieser Männer, geschweige denn der Bundesrepublik an 9/11 ableiten. Das Buch wimmelt von solchen “Verbindungen”, die als Beleg für Israels Teilnahme an 9/11 zitiert werden.
Ich war neugierig, als ich erfuhr, dass ein ganzes Buch über die Theorie der israelischen Teilnahme in 9/11 erschienen ist, sogar auf Deutsch. Das Buch besteht weitgehend von Hörensagen, Mutmaßungen, Unterstellungen und unbelegten Behauptungen. Ich werde im Folgenden nur eine kleine Auswahl anführen, um nicht fast das komplette Buch wiederholen zu müssen. Fußnoten sind sehr spärlich und weisen zumeist auf Sekundarquellen oder auf Eigenschriften des Autors hin. Über die Vita und Leistungen des Autors können Leser sich selbst informieren.
1. Hörensagen und Mutmaßungen
“Ein [namenloser] erfahrener Reporter der Associated Press berichtete…” (S. 21)
“[namenlose] Kollegen berichteten mir, dass…”(S.31)
Eine “Bewohnerin eines Appartments in New Jersey mit dem Namen Maria, die ihren Familiennamen nicht angeben wollte” sagte…(S.31)
Laut einem “Bericht einer inoffiziellen Quelle der CIA”… (S. 33)
Gouverneur McGreevey trat von seinem Amt zurück, nachdem ”bekannt wurde”, dass er “angeblich” eine homosexuelle Beziehung […] unterhalten hatte. (S. 35)
“Viele [nicht identifizierte] Geheimdienstexperten glaubten, dass […] für den Mossad arbeitete.” (S. 35)
“Es war durchaus möglich, dass in der großen Menge der gelöschten Daten […]sich auch viele Gigabytes von Finanzdaten über […] befunden haben könnte.” (S. 45)
“Laut gut informierter Polizeiquellen in New Jersey”… (S. 49)
“[V]on den man glaubt, dass…” (S. 50)
“Es besteht sogar der schreckliche Verdacht, dass…” (S. 51)
“Zwei oder drei Männer, […] könnten Passagiere auf einem Schiff gewesen sein, das von Madeira Strand an der Golfküste Flordias abgelegt hatte.” (S. 51)
“Laut einer [nicht genannte] Quelle, die Kontakte zu [nicht genannten] hochrangingen Mitarbeitern des Mossad unterhielt, […] informierten [sie] ihr Hauptquartier in Tel Aviv darüber, dass ein Angriff an der Ostküste der Vereinigten Staaten geplant sei, und dafür Verkehrflugzeuge eingesetzt werden sollten.” (S. 125-6)
2. Fiktionen über die Anschläge des 9/11
Der Autor behauptet auf S. 22, 36, 65, 88 und 126, dass Islamisten, darunter Mohammed Atta, Passagierflugzeuge am 9/11 entführt hatten Für diese These liefert der Autor nicht die geringsten Beweise noch erwähnt er, dass diese These nicht nur umstritten, sondern längst und endgültig wiederlegt ist.
“Dennoch wurden [sic] bekannt, dass eine aus sechs in Ägypten und im Jemen geborenen Juden bestehende Einheit des Mossad in den Monaten vor dem 11. September die ‘Al Qaida’ Zellen in Hamburg, im südlichen Florida und in Schardscha in den Vereinigten Arabischen Emiraten unterwandert hätte. Der Mossad infiltrierte nicht nur die Zellen, sondern begann auch damit, sie zu führen und ihnen genaue Anweisungen zu geben, die schließlich dazu führten, dass sie bei den geplanten Linienflügen an Bord jener Passagiermaschinen dabei waren, die am 11. September von Boston, Washington Dulles und Newark, New Jersey, starteten.” (S. 228-9) Da es sich um Fiktion handelt, brauchte der Autor auch keine Beweise vorlegen.
“Neben dieser Videokassette […] gibt es noch weitere Aufnahmen – wie jene aus dem Bereich um das Pentagon, die den Einschlag von American Airlines 77 in das Gebäude aufzeichnete.” (S. 50). Der Autor hat anscheinend diese Aufnahmen nie gesichtet, denn dann würde er kaum diesen Satz schreiben. Es gibt auf Youtube eine Aufzeichnung, die angeblich vom 11. September beim Pentagon stammt. Diese Aufzeichnung ist aber nicht beglaubigt, noch kann man beim besten Willen kein Flugzeug auf ihr erkennen.
3. Dubiose Quellen
Als “Beweis” von israelischen Versuchen Spionage in den USA zu treiben, zitiert der Autor ausgiebig eine angebliche Annonce des israelischen Konsulats in New York aus dem Jahre 1980. Auf diese in Hebräisch formulierte Annonce, die der Autor veröffentlicht, soll das Konsulat israelische Studenten mit geheimdienstlichen Hintergrund “für Tätigkeiten in den Vereinigten Staaten” gesucht haben (S. 23-24). Der Autor liefert allerdings nicht die Originalquelle dieser Annonce. Glaubt jemand im Ernst, ein ausländisches Konsulat in New York würde seine Landesleute durch eine öffentliche Annonce für Spionage in den USA anzuwerben versuchen?
Der Autor berichtet von Videoaufnahmen aus dem Striplokal ‘Lace’ in New Jersey. Diese Aufnahmen sollen die vier mutmaßlichen Entführer des Fluges UA93 bei einer Zeche in diesem Lokal am Abend des 10. September 2001 zeigen. (S. 49-50). Belege für diese Aufnahmen gibt es keine. Und der Autor erklärt nicht, ob er selbst diese Aufnahmen gesichtet habe.
4. Schlamperei
Auf S. 33 schreibt der Autor, dass die israelische Firma Zim American Israeli Shipping eine Tochtergesellschaft der israelischen Möbelpackerfirma namens Urban Moving Systems sei. Beweise? Keine.
Auf S. 41 schreibt der Autor: Ein Memorandum der US-Behörde DEA “trug das Datum des 26. Juni 2006, ein Datum, an dem die israelischen Kunststudenten und die Entführer vom 11. September besonders aktiv waren.” Waren die “Entführer vom 11. September” vielleicht im Paradies bei den 72 Jungfrauen “besonders aktiv”?
5. Aus dem Schlussfolgerungen des Autors
“Aus der Faktenlage ging eindeutig hervor, dass es eine Koordinierung zwischen Abramoffs Untergrundnetzwerk von russischen-ukrainsche-israelischen Gangstern, reichen saudischen Finanziers und neokonservativen Vertretern innerhalb der Bush Administration gab, um eine militärische Invasion des Irak und einen späteren Angriff auf den Iran auszulösen. Die mehr als 200 sogenannten israelischen ‘Kunststudenten’, die in den Monaten vor dem 11. September unter den Entführern lebten, sorgten dafür, dass die Bundesbehörden abgelenkt wurden. […] Israel und Saudi-Arabien […] und ihre Unterstützer in den Vereinigten Staaten hatten ein großes Interesse daran, die Vereinigten Staaten in einen blutigen Krieg im Nahen Osten zu verwickeln, und fast 7000 amerikanische Zivilisten und Militärangehörige haben für diesen Verrat mit ihrem Leben bezahlt.” (S. 56-7)
Der Autor erwähnte nicht, dass die USA zuerst Afghanistan als “Antwort auf 9/11” angriffen. Hat Israel je sich für die Bekämpfung der Taliban interessiert? Und sind dem Autor nicht die imperialen Bedürfnisse der herrschenden Klasse in den USA bekannt, die die Geschichte dieses Staates seit Jahrzehnten prägen? Waren die Kriege der USA in Vietnam und die Interventionen in Mittel- und Südamerika etwa ein Bedürfnis des Staates Israels? Sitzen die Generäle des Pentagons etwa in Jerusalem?
6. Zusammenfassung
Die Geschichten über israelische sogenannten Kunststudenten und über die sogenannten “tanzenden Israelis”, die das World Trade Center am Morgen des 11. September 2001 gefilmt hatten, sind weitgehend innerhalb der Szene der 9/11 Skeptikern bekannt, weil sie von herrschenden Medien verbreitet wurden. Diese Israelis agierten sehr auffällig, als ob das auffällige Verhalten ihnen auferlegt wurde. Die fünf “tanzende Israelis” bestätigten sogar im israelischen Fernsehen, dass sie damit beauftragt worden sind “das Ereignis zu dokumentieren”. Weitere Informationen lieferten sie nicht.
Es ist überraschend, dass gerade pro-israelische und jüdische Medien keine Hemmungen hatten die Machenschaften von einigen Israelis in Verbindung zu 9/11 zu publizieren. Die israelische Tageszeitung Ha’aretz und die jüdische Tageszeitung Forward in New York berichtigen ausgiebig über das Netz der israelischen “Kunststudenten” und über die fünf “tanzenden Israelis” am 11. September 2001. Auch Le Monde, Fox News und US-amerikanische Behörden, darunter das FBI, trugen zu dieser Publizität bei. Der Autor versucht dieses Paradoxon damit zu erklären, dass diese Informationen “eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren” (S. 27), dass sie “aus Versehen” geleakt wurden (S. 27), und dass “allem Anschein nach einige Nitarbeiter [sic] der Behörde, die darüber frustriert waren, dass ihre Befürchtungen von einigen höheren Beamten des FBI und des Justizministeriums nicht ernst genommen wurden, den Bericht durchsickern” liessen. (S. 28) Das würde allerdings nicht erklären, warum Medien, die angeblich von Zionisten kontrolliert werden, diese Berichte ohne zu zögern publizierten, während sie zentrale Aspekte der Anschläge vom 9/11 bis heute unterschlagen, wie z.B. die Abwesenheit von Beweisen für die Teilnahme von Muslime an den Anschlägen. An dieser Stelle würde der gesunde Menschenverstand eher gebieten, dass diese Informationskampagne beabsichtigt war, um eine Theorie der israelischen Teilnahme am 9/11 zu verbreiten. Aber gesunder Menschenverstand scheint in diesem Buch eher auf der Strecke geblieben zu sein.
Fest steht: Diese Publizität hatte die voraussichtbare Folge gehabt, den Staat Israel, den Mossad, Zionisten oder Juden, irgendwie mit 9/11 in Verbindung zu bringen. Dies lief parallel zur Verbreitung der offiziellen Legende über die Verantwortung von Afghanistan und Osama bin Laden. Der einzige Unterschied ist, dass Angriffe auf Israel oder Juden noch nicht auf der öffentlichen Tagesordnung des Westens stehen. Die Legende “Israel war es” wird aber auf kleinem Feuer als Reserve-Argument warm gehalten. Die Beschuldigung von Juden als die Bösewichte hat schon eine lange Tradition und ist immer wieder eingesetzt worden, wenn die Eliten über ihre Macht bangen.
Ein Autor, der 9/11 in ehrlicher Weise aufklären wollte, hätte sich intensiv mit das Verhalten des Pentagons und der Flugbehörden befasst, die eine zentrale Rolle – passive oder aktive – am 11. September 2001 spielten, oder mit den Antiterrorübungen, die am 11. September 2001 stattfanden und vom Pentagon geleitet waren. Immerhin beruht die offizielle Darstellung des 9/11 auf der Teilnahme von vier Passagierflugzeuge und eine angebliche Fehlleistung der US-amerikanischen Luftwaffe, die die “entführten” Flugzeuge nicht orten konnte. Im Buch sind nicht mal die Namen Donald Rumsfeld und Dick Cheney erwähnt, geschweige denn von den Männern und Frauen, die die Flugsicherheit in den USA am 9/11 leiteten. Der Autor zitiert auch nicht die hochgradigen, publizierten Untersuchungen der Anschläge, z.B. von David Ray Griffin. Das ganze Unterfangen des Hr. Madsen scheint darauf zu beruhen, das Pentagon und die US Behörden vom Verdacht der Verantwortung für 9/11 reinzuwaschen und die Verantwortung für 9/11 Israel in die Schuhe zu schieben. Wenn er im Auftrag der US-Streitkräfte sein Buch schrieb, so erwies er ihnen ein Bärendienst.
Das Buch ist dokumentarisch wertlos. Die “Fakten” werden nicht durch Quellenhinweise belegt. Der Mossad führt gewiss verdeckte und tödliche Aktionen im Interessen des Staates Israels durch. Der Staat Israel versucht auch Anlässe für die Zerstörung der Militärmacht von umliegenden arabischen Ländern und des Irans zu finden. Aber selbst der radikalste Zionist würde einen heimtückischen Angriff auf Israels einzigen Freund, die USA, nicht im Traum erwägen. Zionisten mögen fanatisch sein, selbstmörderisch sind sie aber nicht.